6. November 2013

The Road




Jahr: 2009

Genre: Drama

Regie: John Hillcoat

Schauspieler: Viggo Mortensen, Kodi Smit-McPhee, Charlize Theron, Guy Pearce







Plot:
Ein Mann läuft mit seinem Sohn durch die postapokalyptische Welt. Ein so gut wie alles verschlingendes Feuer hat diese vor mehreren Jahren verbrannt und fast nur noch Asche und ein kleines bisschen Leben übriggelassen. Von einer richtigen Menschheit ist nicht mehr wirklich was zu finden, der Großteil wurde aus Nahrungsgründen zu Kannibalen oder hat einfach aufgegeben. Die Küste, das ist die einzige Hoffnung des Mannes, einen wärmeren Platz zu finden, da sich nach der Katastrophe eine Kälte auf der Welt ausgebreitet hat. Auf seinem Weg hat er dank seinem Sohn etwas, um seinen Verstand noch bei sich zu behalten.

Über den Film:
Postapokalyptisch trifft bei diesem Film zu wie bei sonst kaum einem anderen. Das triste Land, das von der Welt übrig geblieben ist, sieht so gut wie überall gleich aus. Zerstört, verbrannt, einsam. Atmosphärisch bringt The Road das Gefühl dieser Nach-Welt vor allem durch diese Bilder und den dezent-monotonen Soundtrack treffend rüber. Das führt aber an der ein oder anderen Stelle zu Längen, was wiederum auf gewisse Weiße passt. Abwechslung zur andauernden Wanderei sind gleichfalls kleine Inseln des vorgegaukelten Glücks für Vater und Sohn. Oder unerwartete, grauenvolle Szenen, die sich ihnen plötzlich bieten. Gut dargestellt ist auch die Zerrissenheit des Mannes, der zum Einen gedanklich immer noch bei seiner Frau hängt, die allerdings vor einer Weile schon aufgegeben hat. Und somit an der Menschlichkeit selbst. Andererseits wandelt er sich angesichts der harten Realität des Misstrauen und der Nahrungsknappheit selbst zu dem, was er eigentlich verabscheut. Trotzdem versucht er immer weiter, den Lebensmut, vor allem den des Sohnes, aufrecht zu erhalten. Einzig das etwas aufgesetzte Ende stößt leicht säuerlich auf. Zwar hatte der Mann gegen Ende kaum mehr Anzeichen für Vertrauen gegeben, aber andererseits hätte das Bild, das sich dem Sohn geboten hat, sicherlich zumindest teilweise, den Mann ebenfalls überzeugt.

Meinung:
The Road bietet wenig Abwechslung und große Überraschungen. Die Ausgangslage schreibt in determiniert in gewisser Weiße die gesamte Handlung und auch ein wenig das etwas seltsam konstruierte Ende. Insgesamt ist es aber eine sehr atmosphärische und dystopische Erfahrung und ein interessantes Endzeitexperiment.

9. Oktober 2013

Neverlost





Jahr: 2010

Genre: Thriller

Regie: Chad Archibald

Schauspieler: Ry Barrett, Emily Alatalo, Jennifer Polansky








Plot:
Joshs Leben liegt so schief, wie es viel mehr nicht mehr geht. Nachdem er vor drei Jahren seine große Liebe Kate in einem Hausbrand verloren hat, findet er sich jetzt in einer neuen, mehr als lieblosen Beziehung mit Megan wieder. In dem gemeinsamen, schäbigen Apartment ist Streit an der Tagesordnung. Noch dazu ist er von andauernder Schlaflosigkeit geplagt, die ihm jegliche, andere Unternehmungen fast unmöglich machen. Schlaftabletten helfen ihm, gegen das Problem vorzugehen und in seinen Träumen kann er zu Kate zurückkehren. Da ihm diese Träume wenigstens kurze Momente des Glücks bescheren, begiebt er sich immer wieder in sie, bald nicht mehr wissend, was nun Wirklichkeit und was Illusion ist ...

Über den Film:
Und hier wären wir direkt auch bei der zentralen Frage, die sich der Zuschauer während des Filmes stellt: Traum oder Realität? Den mit der Zeit wird dies immer unklarer, die Grenzen verschwimmen. Neverlost stellt diesen Balanceakt sehr schön dar. Ist nun die lieblose Zukunft mit Megan wirklich und rennt Josh nur immer wieder seinen Hoffnungen und seiner Vergangenheit mit Kate hinterher oder befindet er sich seit dem Hausbrand selbst im Koma und seinem eigenen Alptraum, während Kate ihn pflegt und wartet, ihn wieder bei sich begrüßen zu können? Und sind beide Welten wirklich so krass in ihrer Güte von einander getrennt?
Technisch und auch schauspielerisch bleibt diese Low-Budget Produktion zwar hinter dem gewohnten Standard, aber trotzdem ist beides noch zweckdienlich genug, um die beklemmende Atmosphäre mit Megan zum Einen und die hoffnungsvolle Stimmung mit Kate zum Anderen ausreichend zu transportieren. Unterstützt wird dies natürlich auch durch entsprechende Farbgebungen, um die Dualität beider Welten sichtbar zu machen.

Meinung:
Neverlost ist in vielen Belangen eher unterdurchschnittlich, aber alles in allem doch gut genug Inszeniert, um faszinieren zu können. Die Frage, ob Josh nun in einer schönen Welt nur einen schlimmen Alptraum hat oder er immer wieder kurz aus der Hölle mit Megan fliehen kann, zieht sich durch den ganzen Film. Interessanter Indiefilm über Realitätsflucht und -findung.

3. Juni 2013

Die Frau die singt




Jahr: 2010

Genre: Drama, Tragödie

Regie: Denis Villeneuve

Schauspieler: Lubna Azabal, Rémy Girard









Plot:
Die Mutter der zweieiigen Zwillinge Jeanne und Simon, Nawal Marwan, ist gestorben. Der Notar Jean Lebel, bei dem sie jahrelang als Sekretärin gearbeitet hat, eröffnet den beiden das Testament. In diesem ist neben ein paar Vermögensaufteilungen festgehalten, dass Nawal ohne Sarg, nackt und mit dem Gesicht nach unten beerdigt werden möchte, damit sie nicht mehr auf diese schreckliche Welt blicken müsste. Außerdem liegen dem Nachlass zwei Briefe und jeweils ein Lieferauftrag für jeden Zwilling bei: Simon soll einen Brief ihrem leiblichen Vater überreichen, den sie nie kennengelernt hatten, den Anderen soll Jeanne ihrem für sie völlig unbekannten Bruder geben. Simon lehnt dies zunächst ab, da er seine Mutter, die ihre letzte Zeit auf Erden fast wie in Trance gelebt hatte, nicht mehr viel Verstand zutraut. So begibt sich Jeanne von ihrer Heimatstadt in Kanada aus in den Nahen Osten und erfährt immer mehr über das Leben ihrer Mutter während der vergangenen Kriege. Anfangs nur erahnend, was sie währenddessen durchgemacht hat, begibt sie sich auf die Spur ihrer bis dato unbekannten Familie und das Grauen des Krieges verwandelt sich nach und nach in ihre ganz persönliche Hölle …

Über den Film:
Die Frau die singt. Was sich hinter einem so harmlos klingenden Titel doch verbergen mag. Auf eine fast dokumentarische Art treibt der Film seinen Plot auf mehreren Zeitebenen sehr clever voran. Einerseits ist da die Geschichte der Zwillinge, die auf den Spuren ihrer Vergangenheit durch den Nahen Osten reisen und andererseits die viel wichtigere Geschichte ihrer Mutter. Wie sie von der eigenen Familie verstoßen und aus ihrem aufgebauten, studentischen Leben vertrieben wurde. Wie sie auf der Suche nach ihrem verlorenen Sohn Spielball und später selbst Akteur von Krieg, Hass und Greul wurde. Was sie erleben musste, lange Jahre noch danach. Und welch Schlag das Schicksal eigentlich noch für sie bereithält, dämmert dem Zuschauer langsam aber sicher, während Simon und Jeanne nach den richtigen Antworten suchen. Aus der eigentlichen Konklusion macht der Film kein wirklich großes Geheimnis, viel mehr liegt das Augenmerk auf dem Weg der Protagonisten hin zur Wahrheit. Die Geschichte wird nahe und sehr realistisch erzählt, was nicht zuletzt der großartigen Inszenierung und glaubwürdigen Schauspielern geschuldet ist.

Etwas konstruiert wirkt der Film zwar schon, es sei ihm aber erlaubt, denn das macht er durch die schon genannten Punkte aber mehr als wett. Ohne großes Tamtam entfaltet sich eine glaubwürdige und nachvollziehbare Familienchronik, eingerahmt von Krieg und Religion, die eiskalt unter die Haut geht!

Meinung:

Was als verwirrendes Kriegsdrama zwischen Familienehre, Religionswahn und Rache beginnt entpuppt sich immer mehr als verschachtelte Tragödie für jeden einzelnen Protagonisten. Clever erzählt werden die Figuren immer mehr in den Strudel der Vergangenheit gezogen, von ihm ausgekotzt und danach noch mit der Keule umgeschlagen. Wirklich gut lässt sich der Film nicht beschreiben, eine Familie im Krieg auf den Spuren einer fast unaussprechlich grausamen Vergangenheit.

1. Juni 2013

Lang lebe Ned Devine!




Jahr: 1998

Genre: Komödie

Regie: Kirk Jones

Schauspieler: Ian Bannen, David Kelly, Fionnula Flanagan







Plot:
Im 52 Sellendorf Tullymore, irgendwo an der irischen Küste, wird gerne Lotto gespielt. Druch einen Zeitungsartikel erfahren Jackie und Michael, dass es bei der letzten Ziehung einen Gewinner gab, der tatsächlich aus ihrem Dörfchen stammt. Dieser gibt sich allerdings nicht zu erkennen und aus Neugier machen sie sich daran, herauszufinden, wer es ist. Der berufsbedingt unangenehm riechende Schweinefarmer „Pigg“ Finn, der plötzlich mit einem roten Sportwagen im Dorf vorfährt, um seine Liebe Maggie zu beeindrucken? Bei einem nächtliche Saufgelage in der örtlichen Kneipe, gesponsort von Jackie und Michael gibt dieser zu, dies sei nur das Auto seines Bruders. Auch weitere einzelne Versuche scheitern. Deswegen geben Jackie und seine Frau eine Dinnerparty, zu der sie alle Lottospieler des Ortes einladen. Nur keiner will es gewesen sein. Allerdings ist ein Gast nicht erschienen. Ned Devine. Beim nächtlichen Besuch entdeckt Jackie ihn, grinsend vor laufendem Fernseher, mit dem Gewinnerschein in der Hand, aber tot in seinem Sessel sitzend. Kurzerhand überlegt er mit Michael, wie sie doch noch an das Geld kommen können.

Über den Film:
Lang lebe Ned Devine! (oder „Nude Men on Old Bikes“) ist eine ruhige, kleine Filmkomödie. Besetzt mit überwiegend alten, aber trotzdem herrliche tollen Schauspielern (vor allem David Kelly!), mit vielen Aufnahmen der irischen Küstenlandschaft und viel landestypischer Flöt- und Fiedelmusik. Moralisch ein klein wenig fragwürdig wird der Umgang mit der Situation dargestellt. Erst von Jackie und Michael und schnell auch Jackies Frau, kurze Zeit später dann, als es nicht mehr anders möglich ist, vom ganzen Dorf. Wo am Anfang die beiden alten Herren den Gewinn, von immerhin fast 7 Millionen, fair Hälfte-Hälfte teilen wollen wird dies später zu einem 130.000er Deal für jeden im Dorf. Selbstverständlich genauso, wie es Ned Devine, den sie in Form von Michael künstlich am Leben erhalten, um den Lottomenschen aus Dublin hinters Licht zu führen, gewollt hätte. Nur die Hexe des Dorfes, die sich über weitaus hinterhältigere Wege viel mehr vom Geld erschleichen wollte wird im Prinzip direkt von Gottes Hand von der Erde gefegt. Nur die alleinstehende und -erziehende Maggie, welche die legale Chance hätte, das komplette Geld zu bekommen, lehnt es ab, weil ihr das aufkeimende Liebesglück und die Vaterfigur für ihren Sohn, in Form von Finn, viel wichtiger ist, als das Geld. Allerdings macht die Reaktion der Menschen von Tullymore auf das Geld diese eigentlich nur menschlich.

Meinung:
Das Debüt von Kirk Jones schaut sich durchweg toll, mit glaubwürdigen Dorfbewohnern, schönen Aufnahmen und einer kleinen Prise schwarzen Humors. Eine ruhige Komödie mit liebevollen Charakteren und einem von göttlicher Seite aus legitimierten Kollektivdiebstahl.  

11. April 2013

Cashback





Jahr: 2006

Genre: Drama, Romanze

Regie: Sean Ellis

Schauspieler: Sean Biggerstaff, Emilia Fox









Plot:
Der sensible Kunststudent und Maler Ben und seine Freundin Suzy machen Schluss. Das nimmt Ben so mit, dass ihn seine Gedanken einfach nicht mehr einschlafen lassen. Wie in Trance sitzt er nachts auf dem Bett und guckt Filme oder fährt mit dem Bus durch die beleuchtete Stadt. Als ihm auffällt, dass er durch diese Begebenheit täglich acht Stunden mehr zur Verfügung hat, beschließt er, diese „zu verkaufen“. Er fängt in einer Filiale von Sainsbury’s, einer Supermarktkette, an zu arbeiten. Um mit der nächtlichen Arbeitszeit fertig zu werden stellt Ben sich vor, er könne die Zeit „einfrieren“ und das er währenddessen die Kundinnen des Supermarktes als Modelle für erotische Zeichnungen verwendet. Ben war schon seit seiner Kindheit von der Schönheit nackter, Weiblicher Körper fasziniert, vor allem, weil er einen besonderen, künstlerischen Blick dafür hat. Sharon, seine Kollegin, rückt derweil immer mehr in sein Blickfeld, während Suzy immer mehr zu verschwinden scheint.

Über den Film:
Das besondere an Cashback ist die malerische Bildsprache, die es immer wieder schafft die Gefühle des Protagonisten optisch darzustellen. Nach einem ernüchternden Gespräch mit Suzy fällt Ben beispielsweise, ohne sich wirklich zu bewegen, direkt nach hinten und in sein Bett. Die Szene zeigt auf eindrucksvolle Weise das Gefühl der inneren Leere nach einer großen Enttäuschung. Generell ist der Film eher langsam und gemächlich, plätschert mehr vor sich hin, wirkt stellenweise sogar recht steril. Das wird unterstützt durch die nächtlichen Supermarktgänge und dem lebensraubenden Neonlicht, das diese bescheint. Ein Sinnbild für Bens Gefühle.
Rückblenden in seine Kindheit erläutern Bens Einstellungen zu gewissen Dingen, zum Beispiel warum er das „einfrieren“ erfunden hat. Als Künstler möchte er eben schöne Momente so lange wie möglich festhalten und sich einprägen. Erotik und Bens Faszination und Darstellung des weiblichen Körpers spielt immer wieder eine Rolle, wirkt aber nie billig oder gar obszön.
Der Film stellt schön, wenn auch langsam, den Wandel hin von der Lethargie nach einer schmerzhaften Trennung hin zur Hoffnung und Freude einer neuen Liebe, dar. Wirkte alles, wie schon beschrieben, anfangs eher monoton und steril, entwickelt sich im Laufe des Films eine lockere Lebendigkeit. Dies kann man auch an der Darstellung von Sharon beobachten, oder eher daran, wie Ben sie sieht. Sitzt sie anfangs nur gelangweilt und von ihrem Chef frustriert an der Kasse wird sie immer mehr zu Bens Muse, was sich auch optisch an ihr wiederspiegelt.
Technisch ist Cashback sicher nicht überragend, aber mit den Mitteln und Bildern, die der Film zur Darstellung nutzt, entspannt sich ein Netz wunderbarer optischer Gefühlsdarstellungen.

Meinung:
Cashback ist ein recht langsamer Film. Die kleine Geschichte plätschert, immer wieder unterbrochen von Rückblenden und „eingefrorener“ Zeit, mehr so vor sich hin. Das passt aber recht gut zum eigentlichen Thema und so wirkt der Film nie gekünstelt oder drängt sich auf. Auch die viele, vorzüglich weibliche, nackte Haut wirkt an keiner Stelle billig sondern fügt sich schön und faszinierend zugleich in das Gesamte Bild des Filmes ein. Gemächlicher Film über Liebe und alle Gefühle, die damit einhergehen.

21. März 2013

The Cabin in the Woods




Jahr: 2011

Genre: Horrorkomödie

Regie: Drew Goddard

Schauspieler: Chris Hemsworth, Kristen Connolly









Plot:
Fünf Freunde, die strebsame Dana, der Sportler Curt, seine blonde Freundin Jules, der Kiffer und Verschwörungstheoretiker Marty und der ruhige und intelligente Holden machen sich auf für ein Wochenende Abgeschiedenheit und Spaß in Curts Cousins Hütte im Wald. Ohne Handyempfang und anderen Kontaktmöglichkeiten zu anderen Menschen …

Über den Film:
„Oh nein, nicht schon wieder sowas …“ Mag jetzt der ein oder andere beim Lesen des kurz angerissenen Plots denken. Doch, genau sowas. Und sehr viel mehr! The Cabin in the Woods fängt eigentlich dort erst an, wo andere Horrorfilme, die sich neben Klappentext auf der DVD auch noch sonst so ziemlich alles teilen, aufhören.
Der klischeehafte Horroreinheitsbrei wird in diesem Film ganz bewusst an vorderster Front aufgeführt, mit einer Erklärung versehen und damit super parodiert. Warum ist die sexy Blonde, die es als erstes erwischt eigentlich immer blond? Wieso trennen sich die Protagonisten, obwohl es doch offensichtlich die dümmste Idee ist? Und was ist mit der „Jungfrau“? Ich merke schon selbst, ich schreibe etwas um den heißen Brei herum, aber eigentlich nur, weil ich gar nicht so viel verraten möchte. Die Meta-Ebene, um die The Cabin in the Woods im Vergleich zu Standard Horrorkost erweitert wurde, ist einfach viel zu grandios und lustig um einfach nur beschrieben zu werden. Ein  – relativ – unverbrauchten Cast und gute Technik tragen ihr Übriges bei.
Die Absurdität und Einheitlichkeit des Genres wird in eine Erklärung eingebettet, die die Sache an sich in noch Absurdere Ebenen katapultiert.

Meinung:
Was, mit Absicht, mehr oder weniger bekannt anfängt entwickelt sich schnell, wenn auch nicht unbedingt ganz offensichtlich in etwas viel Größeres. The Cabin in the Woods spielt mit Klischees und treibt diese auf herrliche Art auf die Spitze. Wie schon geschrieben, viel weiter möchte ich hier gar nicht ins Detail gehen, dafür lohnt sich der unvoreingenommene voreingenommene Blick nach lesen des Kurzinhaltes viel zu sehr. Die Legitimation des Einheitsbreis und die Parodie desselben in Einem!

26. Februar 2013

Adams Äpfel




Jahr: 2005

Genre: Drama, Komödie

Regie: Anders Thomas Jensen

Schauspieler: Ulrich Thomsen, Mads Mikkelsen









Plot:
Der Neonazi Adam wird aus dem Gefängnis entlassen und zur Bewährung in die Obhut von Ivan, dem Pfarrer einer ziemlich ländlichen Gemeinde, unterstellt. Dieser empfängt ihn völlig unvoreingenommen und freundlich und bleibt auch dabei, im Gegensatz zu Adams aggressiv-zynischer und ablehnender Art. Da jeder seine Aufgabe hat, wie Ivan sagt, fragt er Adam, welche den seiner Meinung nach seine hier sei. Um ihn aufzuziehen antwortet dieser, er wolle einen Apfelkuchen backen. Nicht davon irritiert unterstellt Ivan ihm damit die Obhut über den Apfelbaum, den er pflegen solle und, wenn die Äpfel reif sind, seinen Kuchen backen.
Gunnar, ein alkoholsüchtiger Kleptomane und ehemaliger Tennisspieler und Khalid, ein arabischer Tankstellenräuber, sind ebenfalls in Ivans Kirche untergebracht und seiner Meinung nach auf dem besten Weg der Besserung. Doch schon schnell merkt Adam, der in seinem Zimmer direkt das Kreuz Chrisi durch ein Bild von Hitler ausgetaucht hat, dass die angeblich erfolgreichen Resozialisierungsmaßnahmen Ivans wohl doch nicht so fruchten, wie er selbst zu glauben scheint. Gunnar trinkt einen Schnaps nach dem anderen und Khalid plant schon wieder den nächsten Überfall. Als dann auch noch Ivans Sohn zu besucht kommt, seiner Meinung nach ein wilder Springinsfeld und Kerngesund, in Wirklichkeit aber, weil gelähmt, an den Rollstuhl gefesselt ist, wird ihm klar, dass hier was ganz und gar nicht Stimmen kann.
Vom Dorfarzt erfährt Adam den Grund für Ivans scheinbar zwanghaftes Gutmenschentum: Dieser wurde als Kind mehrfach vergewaltigt, seine Frau beging Suizid, weil ihr Kind behindert ist und er selbst hat einen Hirntumor, welcher ihn bei negativen Gedanken umzubringen scheint. Zwanghaft diese Schicksalsschläge leugnend geht Ivan seitdem durch die Welt.
Adam sieht dies nun aus Herausforderung, Ivan zu brechen und beginnt einen verhängnisvollen Machtkampf …

Über den Film:
Gegensätzlicher könnten die beiden Hauptcharaktere nicht konzipiert sein. Das klassische Gut gegen Böse Prinzip, und zwar sehr zugespitzt, wird in Adams Äpfel behandelt. Ein ehemaliger, strafgefangener Neonazi und ein zwanghaft gutmenschlicher Pfarrer. Beides sehr passende, wenn auch sehr konstruierte, Symbole. Einer hält bei Ohrfeigen auch die andere Backe hin, der andere fühlt sich dadurch provoziert und schlägt direkt wieder zu. Ein Verhaltensweisen diktierter Teufelskreis. Passend gewählt sind Thomsen als aggressives Arschloch und Mikkelsen als Zwangsheiliger. Die groteske Atmosphäre wird durchzogen von metaphorischen Bildern des Apfelbaumes, dessen Zustand immer der Stimmung des Films und dem Zustand von Ivans Gesicht wiederspiegelt.

Meinung:
Herrlich komisch, ziemlich grotesk und philosophisch angehaucht sieht man in Adams Äpfel eine konstruierte Version des Klassischen Gut / Böse Prinzips. Im dauernden Hin und Her zwischen Heile Welt Sicht und mutwilliger Zerstörung zieht sich eine abgedrehte Filmspirale bis zum dramatischen Ende und darüber hinaus. Spaßige Parabel über das klassischste aller Themen.

13. Februar 2013

Dänische Delikatessen





Jahr: 2003

Genre: Drama, Komödie

Regie: Anders Thomas Jensen

Schauspieler: Nikolaj Lie Kaas, Mads Mikkelsen









Plot:
Drangsaliert von ihrem Arbeitgeber, dem Metzger Holger, wollen seine beiden Gesellen Bjarne und Svend ihre eigene Metzgerei eröffnen. Allerdings fehlt ihnen dazu das nötige Geld. Svend hat vor, sein Haus zu beleihen, aber Bjarne, der nicht wirklich viel Besitzt sein eigen nennen kann, weiß nicht, woher er das Geld nehmen soll. Außer, seinem verhassten und geistig behinderten Zwillingsbruder, der seit einem Autounfall, in dem auch deren beide Eltern und Bjarnes Frau ums Leben kamen, im Koma liegt, den Saft abzudrehen. Dadurch würde er an das Geld seiner Eltern kommen. Gedacht, getan, und somit ist genügend Geld da, um von Häuser-Hans, dem örtlichen Immobilienmakler eine Metzgerei zu kaufen. Doch leider bleibt der erhoffte Erfolg aus. Auch die Elektronik in der Kühlkammer ist alles andere als in Ordnung, also muss ein Elektriker ran. Da die Arbeit lange dauern wird, wie er Bjarne prognostiziert, ist er auch noch gegen Feierabend am Arbeiten. Nichtsahnend schließt Svend die dunkle Kühlkammer ab, nur um am nächsten Morgen den Elektriker erfroren drin wiederzufinden. Gleichzeitig steht der ehemalige Arbeitgeber und Ausbilder der beiden vor der Theke und verhöhnt das „gut laufende“ Geschäft und bestellt für sich und eine Grillveranstaltung bei ihm Fleisch. In Panik vermetzgert Svend das Bein des Elektrikers, legt es in seine Marinade ein und lieferte es Holger. Plötzlich gewinnt die Metzgerei aufgrund des leckeren Fleisches massiv an Aufmerksamkeit und ihre Delikatesse „Killer-Jiller“ entwickelt sich zum Verkaufsschlager!

Über den Film:
Ein in der Schule Gehänselter, in Stresssituationen zu Schweißausbrüchen Neigender und generell sehr unter Selbstzweifel Leidender und ein Mann, der vor sieben Jahren in einem Autounfall, an dem sein geistig behinderter Zwillingsbruder schuld war, Eltern und Frau verloren hatte, landen „den großen Hit“. Mehr durch Zufall kommt ihre Metzgerei zum Laufen, sei es auch mit sehr fragwürdigen Mitteln. Zum Film selbst gibt es relativ wenig zu sagen, er ist ziemlich straight-forward, die Beweggründe der einzelnen Charaktere werden durch stellenweise recht detaillierte Vergangenheitsbeschreibungen – größtenteils – glaubwürdig dargestellt. Bjarnes Hass auf seinen, bald wieder richtig lebenden, Zwillingsbruder und Svends Gier nach Aufmerksamkeit und Beliebtheit, der Konflikt der Beiden untereinander über das, was sie da eigentlich verkaufen. Beide Rollen werden von Kaas, als lebensüberdrüssigen, aber teilweise doch nach Liebe in Form von Astrid suchenden Einzelgänger und vor allem Mikkelsen als psychisch labilen Unsicherling, der seine Aussagen meist mit Phrasen wie „das kannst du mir Glauben“ oder „so ist es eben“ zu unterstützen versucht, sehr gut verkörpert. Erzählerisch gut ist auch jeder weitere Schritt zu einer neuen Leiche, die es der Stadt vorzusetzen gibt, die Verhältnisse einzelner Personen und vor allem das von Bjarne und Svend, bei dem ich das Gefühl nie loswurde, gegen Ende noch eine Fight-Club’sche Auflösung zu erfahren.

Meinung:
Sehr makaber, aber glaubwürdig wird die Geschichte erzählt. Im Vordergrund ihre Metzgerei und die „Killer-Jiller“, die oft aber zugunsten der Beziehungen und Beweggründe der Personen zurücktritt. Dass gegen Ende klar wird, dass nicht das Fleisch, sondern Svends Marinade am Erfolg der Delikatessen Schuld war kehrt die groteske Stimmung wieder um und gibt dem Film im Gegensatz zum bisher Gesehenen einen moralischeren Touch.  Dänische Groteske, delikate Filmunterhaltung.

9. Februar 2013

Old Men in new Cars




Jahr: 2002

Genre: Schwarze Komödie

Regie: Lasse Spang Olsen

Schauspieler: Kim Bodina, Torkel Petersson, Iben Hjejle








Plot:
Harald kommt aus dem Gefängnis frei. Als Empfangskomitee warten nicht wie gedacht seine beiden Köche Martin und Peter auf ihn, sondern die örtliche Balkanmafia, angeführt von Ratko. Dieser macht ihm unmissverständlich klar, dass er noch einen Haufen Schulden abzuzahlen hätte und gibt ihm eine Woche, es aufzutreiben. Zuhause in seiner Küche, nach einer langen Busfahrt, angekommen, sieht er einen ihm unbekannten Mann an der Elektronik arbeiten: Vuk. Laut Martin und Peter ein Cousin von Ratko, der will, dass Vuk Arbeit hat. Er wirft ihn erst mal hochkant raus. Außerdem erfährt er, dass sein Ziehvater Monk wegen Leberversagens im örtlichen Krankenhaus und wohl gleichzeitig im Sterben liegt. Beim selbstverständlichen Anstandsbesuch erklärt dieser Harald, er wünsche sich eigentlich nur noch eine Sache: Einmal seinen erwachsenen Sohn zu sehen. Dieser sitzt allerdings in Schweden in einem Sicherheitsgefängnis. Natürlich macht sich Harald auf den Weg, Ludvig, Monks Sohn, zu holen, nichtsahnend, dass dieser eigentlich wegen fünffachen Frauenmordes sitzt. Gleichzeitig versucht er für Monk eine Ersatzleber samt Operationstermin in Ecuador zu organisieren, die Balkanmafia mit Versprechen, Vuk doch weiterhin zu beschäftigen, zu besänftigen und später noch mit der durchgeknallten Mille, die dann irgendwie ein Auge auf Ludvig geworfen zu haben scheint, klarzukommen.

Über den Film:
Old Men in new Cars – oder In China essen sie Hunde 2 – hört im Prinzip da auf, wo Teil 1 aufgehört hat. Beziehungsweise umgekehrt, handelt es sich hierbei eigentlich um ein Prequel zu grade genanntem Film. Aber streng nach dem Prinzip: Mehr vom Gleichen. Abstruse Situationen, übertriebene Stunts, seltsame Pläne, die zum nach-hinten-Gehen verurteilt sind, schräge Charaktere, die eigentlich nie so selbst wirklich zu wissen scheinen, was sie gerade tuen und das alles mit dem typischen schwarzen Humor gewürzt. Allerdings heißt in diesem Fall „mehr vom Alten“ nicht direkt gleich gut. Zwar fühlt man sich, falls man zu Teil Eins ein Gefühl aufgebaut haben sollte, relativ direkt wieder zuhause, dennoch fehlt der große, schöne Rahmen, den In China essen sie Hunde noch umgeben hat. Alles wirkt noch anarchischer als im Vorgängerfilm, vieles läuft ziemlich gleich ab. Ob von den Running Gags, wie dem armen Vuk, der es dauernd abbekommt oder auch vom generellen Aufbau, dass ein fehlgeschlagener Plan direkt in eine neue, noch verrücktere Situation mündet, die erwahrungsgemäß genauso ausgehen wird.
Technisch gesehen hat sich nicht viel getan, alles wirkt zwar etwas versierter, auch Kim Bodina und seine Kollegen machen ihre Sache etwas besser als in Teil 1, aber größtenteils bleibt es doch auf ähnlichem Niveau. Aber immer dem Film an sich angemessen.

Meinung:
Wer mit In China essen sie Hunde spaß hatte, wird das auch mit Old Men in new Cars. Beim direkten Vergleich – wie er bei direkten Nachfolgern ja doch angebracht ist – bleibt er zwar etwas hinter ihm zurück, sehenswert für Fans des ersten Teils und Fans von abstruser Komik bleibt er dennoch. Die übertriebenen und immer unrealistischeren Szenen fügen sich dabei gut ins Gesamtbild ein und wer diese nicht hinterfragt wird auch seine Freude hierbei haben. Eine seltsam humoristische Mischung aus Tarantino und GTA.

30. Januar 2013

In China essen sie Hunde




Jahr: 1999

Genre: Schwarze Komödie

Regie: Lasse Spang Olsen

Schauspieler: Kim Bodina, Dejan Cukic









Plot:
Arvid ist Bankangestellter und ein richtiger Langweiler. Zumindest, wenn es nach seiner Freundin Hanne geht. Als eines Tages die Bank während seiner Schicht von einem Räuber überfallen wird, überkommt ihn plötzlicher Heldenmut. Er zieht ihm einen Squash-Schläger über den Kopf und schlägt ihn damit K.O. Doch, auch als Held des Tages, verlässt ihn kurz darauf seine Freundin und räumt ihm kurzerhand auch noch die Bude aus. Als dann noch die Frau des Bankräubers bei ihm klingelt und ihm vorwirft, nun könne sie keine Kinder kriegen, weil eine künstliche Befruchtung, die sie nötig hätte, wäre viel zu teuer und der Bankraub ihres Mannes war nur zu dem Zweck, dafür Geld zu beschaffen, zweifelt Arvid komplett an sich. Er will versuchen, seine Fehler wieder gut zu machen – aber wie? Erst mal Geld beschaffen. Und das mit Hilfe des einzigen Kriminellen, den er kennt: Seinem Bruder Harald. Mit dessen angestellten Köchen und dem Praktikanten Vuk, „ausgeliehen“ von dessen Cousin und Gangstergröße Ratko, dem Familie wichtiger ist, als sein eigenes Augenlicht, fangen sie nun an, eigene Krumme Dinger zu drehen, bei denen es vor allem Vuk abbekommt.
Und wer ist eigentlich dieser Amerikaner, der in der Bar neben Arvids ehemaligem Arbeitsplatz auf ihn wartet?

Über den Film:
In China essen sie Hunde ist – wie der Name schon vermuten lässt – abgedreht. Es wird der Versuch eines Mannes dargestellt, Gutes zu tun. Und das mit allen Mitteln. Das dabei einiges in die Hose geht ist eigentlich von vornherein klar, aber das macht eine gute Komödie ja auch irgendwie aus. Sehr skurril und zynisch stellt der Film die Bemühungen Arvids, durch die Unterstützung Haralds, dar. Er bietet gegen Ende sogar eine kleine, philosophische Abhandlung über das Gute im Allgemeinen dar und macht diese auf seine eigene, herrliche Art direkt wieder zunichte.
Die Charaktere an sich bleiben alle etwas grau und treten im Gegensatz zur eigentlichen Handlung etwas in den Hintergrund. Der Film ist technisch okay, aber nicht meisterhaft inszeniert.
Lasse Spang Olsen zündet ein – in seinem eigenen Rahmen – Actionfeuerwerk ab, während sich eine Spirale der Gewalt immer weiter dreht, die sich mit Arvids Ambitionen, das Gute bzw. das Richtige zu tun, immer mehr zuspitzt. Das alles ist so grotesk, wie man es von einer schwarzen Komödie zu erwarten hat. Nicht zuletzt beherbergt der Film auch eines meiner persönlichen Lieblingszitate:

„Ich hab‘ Hanne getötet …“ […] „Und wo ist sie jetzt?“ – „Zu Hause … im Flur. … 
… und in der Küche!“

Meinung:
Was ist eigentlich Gut. Was schlecht? Gibt es das Richtige handeln? Diese Fragen wirft der Film auf seine eigene Weise auf, beantwortet sie und zieht die Antwort dann gleich wieder ins Lächerliche. Vielleicht ist genau das eine passende Möglichkeit, sich damit auseinanderzusetzten. Die allgemeine Antwort scheint es zumindest nicht zu geben. Bis wir allerdings zu diesem Punkt kommen haben wir eine herrlich abstruse Komödie gesehen, die Freunden des skurrilen Films sehr gefallen werden. Die eigentliche Aussage? „Woher sollen wir das wissen? Wir sind doch nur die Köche!“