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1. Juni 2013

Lang lebe Ned Devine!




Jahr: 1998

Genre: Komödie

Regie: Kirk Jones

Schauspieler: Ian Bannen, David Kelly, Fionnula Flanagan







Plot:
Im 52 Sellendorf Tullymore, irgendwo an der irischen Küste, wird gerne Lotto gespielt. Druch einen Zeitungsartikel erfahren Jackie und Michael, dass es bei der letzten Ziehung einen Gewinner gab, der tatsächlich aus ihrem Dörfchen stammt. Dieser gibt sich allerdings nicht zu erkennen und aus Neugier machen sie sich daran, herauszufinden, wer es ist. Der berufsbedingt unangenehm riechende Schweinefarmer „Pigg“ Finn, der plötzlich mit einem roten Sportwagen im Dorf vorfährt, um seine Liebe Maggie zu beeindrucken? Bei einem nächtliche Saufgelage in der örtlichen Kneipe, gesponsort von Jackie und Michael gibt dieser zu, dies sei nur das Auto seines Bruders. Auch weitere einzelne Versuche scheitern. Deswegen geben Jackie und seine Frau eine Dinnerparty, zu der sie alle Lottospieler des Ortes einladen. Nur keiner will es gewesen sein. Allerdings ist ein Gast nicht erschienen. Ned Devine. Beim nächtlichen Besuch entdeckt Jackie ihn, grinsend vor laufendem Fernseher, mit dem Gewinnerschein in der Hand, aber tot in seinem Sessel sitzend. Kurzerhand überlegt er mit Michael, wie sie doch noch an das Geld kommen können.

Über den Film:
Lang lebe Ned Devine! (oder „Nude Men on Old Bikes“) ist eine ruhige, kleine Filmkomödie. Besetzt mit überwiegend alten, aber trotzdem herrliche tollen Schauspielern (vor allem David Kelly!), mit vielen Aufnahmen der irischen Küstenlandschaft und viel landestypischer Flöt- und Fiedelmusik. Moralisch ein klein wenig fragwürdig wird der Umgang mit der Situation dargestellt. Erst von Jackie und Michael und schnell auch Jackies Frau, kurze Zeit später dann, als es nicht mehr anders möglich ist, vom ganzen Dorf. Wo am Anfang die beiden alten Herren den Gewinn, von immerhin fast 7 Millionen, fair Hälfte-Hälfte teilen wollen wird dies später zu einem 130.000er Deal für jeden im Dorf. Selbstverständlich genauso, wie es Ned Devine, den sie in Form von Michael künstlich am Leben erhalten, um den Lottomenschen aus Dublin hinters Licht zu führen, gewollt hätte. Nur die Hexe des Dorfes, die sich über weitaus hinterhältigere Wege viel mehr vom Geld erschleichen wollte wird im Prinzip direkt von Gottes Hand von der Erde gefegt. Nur die alleinstehende und -erziehende Maggie, welche die legale Chance hätte, das komplette Geld zu bekommen, lehnt es ab, weil ihr das aufkeimende Liebesglück und die Vaterfigur für ihren Sohn, in Form von Finn, viel wichtiger ist, als das Geld. Allerdings macht die Reaktion der Menschen von Tullymore auf das Geld diese eigentlich nur menschlich.

Meinung:
Das Debüt von Kirk Jones schaut sich durchweg toll, mit glaubwürdigen Dorfbewohnern, schönen Aufnahmen und einer kleinen Prise schwarzen Humors. Eine ruhige Komödie mit liebevollen Charakteren und einem von göttlicher Seite aus legitimierten Kollektivdiebstahl.  

14. Mai 2012

Idioten




Jahr: 1998

Genre: Dogma 95, Drama, Komödie

Regie: Lars von Trier

Schauspieler: Jens Albinus, Nikolaj Lie Kaas








Plot:
Eine Wohngemeinschaft unterschiedlichster Menschen hat es sich zur Aufgabe gemacht, den jeweilige „Inneren Idioten“ zu entdecken und erforschen. Dazu gehen sie in der Gruppe an öffentliche Orte und „machen auf Gaga“, sprich sie spielen alle eine geistige Behinderung vor. So auch in einem Restaurant, wo sich Stoffer, als sie zum Gehen aufgefordert wurden, an Karen festhält und diese gutmütig mitgeht um im Auto kurz darauf hinter die Scharade zu kommen. Da sie offensichtlich familiäre Probleme hat, beschließt sich in der Kommune zu bleiben. So gehen sie einmal in ein Schwimmbad, ein anderes Mal besuchen sie eine Fabrik, während immer zwei der Gruppe die Aufsichtspersonen mimen. Doch Stoffer, der Initiator der ganzen Aktion, wird immer unzufriedener mit den Darstellungen.

Über den Film:
Idioten ist der zweite Film der nach den Regeln des Dogma 95 gedreht wurde. Deswegen werde ich ihn, wie zuvor Vinterbergs „Das Fest“ erst einmal im Rahmen dieser betrachten.
Die Schauplätze, wie in Regel 1 gefordert, sind entweder das Haus, in dem sich die Gemeinschaft aufhält, oder Diverse öffentliche Plätze wie ein Schwimmbad oder ein Restaurant. Regel 2 fordert keine später eingespielte Musik. Musik kommt vor, aber es ist nicht klar, woher diese kommt. Die Aufnahme erfolgt über Handkameras, wie man deutlich sieht, als einmal ein Kameramensch ins Bild tritt und schnell wieder zu verschwinden versucht. Dies passiert ebenfalls des Öfteren mit dem Mikrophon, das von oben ins Bild schaut. Das ist meiner Meinung, trotz des Korsetts des Dogma 95, eine recht schlampige Arbeit und zerstört die Illusion, die genau mit diesem Konzept geschaffen werden sollte. Effekte und unrealistische Gewalt fehlen (Regel 5 und 6) und auch der Zeitpunkt ist das „Hier und Jetzt“ (Regel 7). Von Trier hat sich somit wohl größtenteils an seine eigenen Regeln gehalten.
Die Story des Films selbst ist allerdings nicht relativ einfallsreich oder gar gut. Eine Kommune, die sich zusammengeschlossen hat, in guter Hippiemanier in einem (mehr oder minder) besetzen Haus, das nach ihren Regeln lebt und sich abschottet. So weit so unkreativ. Die Idee des „Inneren Idioten“ ist an sich recht nett, aber im Film selbst kommt mehr der Eindruck auf, als ob es den Protagonisten weniger um die Selbstfindung als mehr um eine Verballhornung der Umwelt. Dass die Meisten gegen Ende das Spiel mehr als eine Flucht vor der Realität sehen, was dem geistigen Chef natürlich nicht gefällt, versteht sich da fast von selbst.

Meinung:
Idioten ist ein erstaunlich belangloser Film von Lars von Trier. Das mag an Dogma 95 liegen, allerdings würde das dann den Zweck dieses Konzeptes komplett widerlegen. Was nützt mir ein Film, der nach großartigen Regeln gedreht wurde, um die ursprüngliche Kunst des Mediums zurückzuholen, wenn der Film selbst nicht wirkt? Die Umsetzung der Regeln selbst ist gut zu erkennen, aber der Plot und die schlampige Dreharbeit stören das Gesamtbild des Werkes leider erheblich. Auch, oder eher gerade, die expliziten, pornographischen Szenen machen das nicht besser. Von von Trier hätte ich deutlich mehr erwartet.

6. Mai 2012

Das Fest




Jahr: 1998

Genre: Dogma 95, Drama

Regie: Thomas Vinterberg

Schauspieler: Ulrich Thomsen, Thomas Bo Larsen, Paprika Steen







Plot:
Anlässlich des sechzigsten Geburtstags von Helge Klingenfeldt-Hansen, einem reichen Hotelier, trifft sich dessen Familie im eigenen Luxushotel zur Feier. Der älteste Sohn ist Christian, Besitzer zweier Restaurants in Prais, dessen Zwillingsschwester vor nicht allzu langer Zeit Selbstmord begangen hat. Die mittlere Tochter ist Helene, Studentin und vom Lebensstil und der Einstellung her ziemliches Gegenteil zum Rest der Familie. Michael, der jüngste Sohn und selbst Vater von drei Kindern, ist aufbrausend und sehr dominant.
Die Feier verläuft nach strickten Mustern und Traditionen. Sektempfang und Geburtstagsgesänge gefolgt von verschiedensten Gängen dekadentem Essens, immer wieder unterbrochen von Zigarettenpausen und Ansprachen der Gäste. Alles ist durchorganisiert und vom hauseigenen Personal professionell ausgeführt. Doch als Christian in seiner Ansprache Missbrauchsvorwürfe seinem Vater gegenüber einfließen lässt, beginnt das Szenario langsam zu kippen.

Über den Film:
Das Fest ist ein Film, der nach den Regeln der Dogma 95 gedreht wurde und dementsprechend besitzt er seinen eigenen Stil. Im Folgenden soll ein wenig auf einzelne Punkte dieser Regeln eingegangen werden:
Vinterbergs Film spielt in einem großen Herrenhaus / Hotel und man bemerkt, dass es sich bei den Räumen um keine Kulissen handelt (Regel 1), da die Räume des Öfteren aus verschiedenen Winkeln zu sehen sind. Der Filmstil ist gekennzeichnet von seiner amateurhaft wirkenden Art. Das Bild wackelt etwas und ist generell etwas Matt, da für die Dreharbeiten laut Regel 3 nur Handkameras eingesetzt werden dürfen. Das Gezeigte ist realistisch, es gibt keine zeitliche Verfremdung (Regel 7) und auf Effekte und Gewalt wurde verzichtet (Regel 6 und 5).
Soweit das zu beurteilen ist hält sich der erste Film, der nach Dogma 95 gedreht wurde, an seine sich selbst auferlegten Regeln und schafft somit einen eigenen Stil, der sich wie gewollt von der Verfremdung des durchgestylten Kinos abhebt. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Geschichte und vor allem der Schauspielerei. Erstere ist an sich nichts Besonderes, wird durch die Art des Films aber teilweise bedingt und fügt sich gut ins Gesamtbild ein. Das Schauspiel der Darsteller, von denen viele Laien sind oder gar einfache Statisten, die selbst nicht in den Verlauf der Geschichte eingeweiht wurden, treibt den Film gut voran und verleiht ihm einen gewissen theatralischen Realismus.

Meinung:
Mein erster Dogma 95 Film ist auch der Erste, der je nach diesen Regeln gedreht wurde. Vinterberg hält sich, soweit ich das beurteilen kann, auch an Diese. Das Ergebnis ist ein interessanter Film, der, verglichen mit anderen Filmen in vielen Belangen natürlich nicht mithalten kann, was allerdings von den Machern beabsichtigt war. Effekte und Feuerwerk treten in den Hintergrund und das für Vinterberg, van Trier und Co. am Film eigentlich Wichtige rückt ins Licht: Schauspielerei und Story. Das klappt auf seine Weise ganz gut und vermittelt den Eindruck, eher ein Theaterstück zu sehen als einen Film.

17. Februar 2012

Menschenfeind




Jahr: 1998

Genre: Thriller

Regie: Gaspar Noé

Schauspieler: Philippe Nahon








Plot:
Zuerst wird die Vorgeschichte, die im Kurzfilm Carne gezeigt wird, kurz angerissen und etwas erweitert. Der Metzger, dessen Eltern in einem deutschen KZ ums Leben gekommen sind, wurde von der Mutter der gemeinsamen Tochter verlassen. Jahre später hegt er den Verdacht, Cynthia, seine Tochter, sei vergewaltigt worden und richtet den mutmaßlichen Missetäter übel zu, worauf er ins Gefängnis kommt. Er muss Metzgerei und Wohnung verkaufen und kann nach seiner Entlassung seiner Tochter nicht mehr wirklich unter die Augen treten, worauf er sich mit einer Barbesitzerin, die er geschwängert hat, in ein neues Leben aufmacht, mit dem Versprechen, sie finanziere ihm eine neue Metzgerei.
Am Anfang der Geschichte von „Menschenfeind“ lebt der Metzger mit seiner schwangeren Freundin, die er nur die Dicke nennt, bei  deren Mutter, die Alte, in einem Vorort nördlich von Paris. Da der Protagonist vom Geld der Dicken abhängig ist, die keinen Hehl mehr daraus macht, dass sie ihm wohl doch nicht die versprochene Metzgerei kauft, erniedrigt sie ihn und zwingt den Metzger diverse andere Jobs anzunehmen. Als dieser sich das nicht mehr gefallen lassen will kommt es zum handfesten Streit zwischen den Beiden und er tritt ihr in den Unterleib und prügelt auf sie ein. Daraufhin flieht er mit 300 Francs und einer Pistole mit drei Kugeln zurück nach Paris. Dort mietet er sich in das Hotelzimmer ein, indem er seine Tochter gezeugt hat und versucht sich durchzuschlagen, muss aber feststellen, dass ihm niemand helfen will. Kein alter Freund kann oder will ihn unterstützen und Arbeit bekommt er aus verschiedenen Gründen auch keine. In diese Sackgasse getrieben entwickelt der Metzger seinen Hass auf die Menschheit und alles, was mit ihr zu tun hat, immer weiter. Das einzige auf der Welt, was ihm noch etwas bedeutet, ist Cynthia, seine Tochter. Er beschließt, dass er etwas an den Dingen ändern muss.

Über den Film:
Menschenfeind spielt sich fast ausschließlich im Kopf des Metzgers ab. In fast allein Einstellungen ist sein Gesicht oder Teile davon zu sehen und der Film wird von gedanklichen Monologen des Protagonisten dominiert. Diese beziehen sich meist auf das gerade erlebte und sind durchzogen von depressiven, nihilistischen, soziopathischen, teils rassistischen und vor allem misanthropischen Gedanken geprägt. So reduziert er beispielsweise anfangs das Leben an sich auf die drei Punkte „Leben, Fortpflanzen, Sterben“ und ist froh, seinem zweiten Kind diese Hölle erspart zu haben. Er verneint Liebe und Zuneigung und ist der Überzeugung, das sind nur Begriffe um sich mit diesen an anderen zu bereichern. Gerechtigkeit und Moral sollte jeder für sich selbst definieren und das System, das aufgrund dessen, das es von ihm Unbekannten und schon längst verstorbenen Menschen geschaffen sei, sei abzulehnen. Es ist seiner Meinung nach unfair, da das Ungleichgewicht zwischen Arm und Reich zu groß und unüberwindbar ist. Da sei es nur verständlich, wenn die erniedrigten Armen ab und an mal gewalttätig werden.
Immer wieder gibt es Einblendungen von Wörtern oder Schriftzügen, die wie ein Gewehrschuss auf den Zuschauer treffen, um gedachtes oder gesehenes zu Untermauern. Passieren tut sonst relativ wenig, der Film ist, wie schon geschrieben, fast ein einziger Monolog des Metzgers, der über die Zeit hin seine eigene Philosophie über das Leben entwickelt und versucht, damit zurechtzukommen und sich an das einzige hält, für das er wirklich Liebe empfinden kann. Doch was ist der gerechte und moralischste Ausweg für sie und ihn in dieser Situation?

Jedem seine Moral. Jedem seine Gerechtigkeit.

Meinung:
Gaspar Noés Fortsetzung seines Kurzfilms Carne ist stilistisch dem recht ähnlich. Es geht um einen Menschen, der mit einer sich immer weiterentwickelnden, misanthropischen Haltung versucht durchs Leben zu kommen. Dabei sind manche Szenen nicht leicht zu verdauen. Nicht ohne Grund gibt es gegen Ende des Films eine Einblendung: „Sie haben30 Sekunden um die Vorführung dieses Films abzubrechen. GEFAHR!“. Die darauf folgende Szene ist tatsächlich sehr krass. Wer hier jetzt Splatter und Gore im Stile von SAW erwartet, der sollte sich den Film nicht ansehen. Es folgt ein Höhepunkt, der zwar auch blutig, aber vor allem geistig brutal ist und nicht für jeden leicht zu verdauen sein sollte.
Menschenfeind wird nicht jedem gefallen, aber er ist es wert, geschaut zu werden. Wie man mit dem Gesehenen umgeht, dass muss jeder für sich alleine entscheiden.