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5. Januar 2014

Drive




Jahr: 2011

Genre: Thriller, (Neo-) Noir

Regie: Nicolas Winding Refn

Schauspieler: Ryan Gosling, Carey Mulligan, Bryan Cranston, Oscar Isaac, Ron Perlman







Plot:
Der nur „Driver“ genannte Hauptcharakter macht seinem Namen alle Ehre. Tagsüber tüftelt er in einer Autowerkstatt und vollführt ab und an mal waghalsige Stunts für diverse Hollywoodfilme. Außerdem plant sein Chef Shannon eine zukünftige und erfolgreiche Karriere als Stockcar Rennfahrer, wofür beiden allerdings das Geld fehlt. Nachts hilft der Driver diversen Gangstern mit sicherer Wahrscheinlichkeit direkt nach einem Verbrechen vom Tatort zu entkommen, solange sie sich an sein strenges Reglement halten. Anonymität, ein festes Zeitfenster von fünf Minuten für den Coup und nur einmalige Zusammenarbeit gehören dazu.
Privat lernt der Driver nach und nach seine Nachbarin, Irene mit ihrem Sohn Benicio, kennen. Während ihr Mann Standard im Gefängnis sitzt, kümmert sich der Driver um sie und beide nähern sich immer mehr an. Gleichzeitig macht Shannon mit dem Gangster Bernie Rose einen Deal: Er leiht ihm 300.000 Dollar als Startkapital für ein Stockcar und somit die erhoffte Rennkarriere.
Als Standard aus dem Gefängnis entlassen wird, merkt Driver schnell, dass dieser immer noch in der Hand von Verbrechern ist. Sie fordern von ihm, ein Pfandhaus auszurauben, um seine Schuld zu begleichen. Aus liebe zu Irene bietet ihm der Driver an, ihm zu helfen, nicht ahnend, wer eigentlich hinter Standards Peinigern steht.

Über den Film:
Drive steht mit seiner Ästhetik im Erbe klassischer Film-Noir Streifen der Vergangenheit. Crime, langsame aber stimmungsvolle Bilder, ein ruhiger, recht wortkarger und verdammt cooler Hauptcharakter. Das ist das gepaart mit optischen Miami Vice-Einflüssen, grelle Farben, schnelle Autos und nächtliche Lichtermeere. Die meist gelassene, aber dennoch bedrohliche Atmosphäre ist meist mit ruhigen Bildern unterlegt, nur selten bricht der Film damit, aber wenn, dann richtig und blutig. Die relativ monotone, elektronische, musikalische Untermalung trägt ihren nicht kleinen Teil zur Stimmung bei.
Handwerklich sowie schauspielerisch gibt es kaum bis gar nichts zu bemängeln. Nicolas Winding Refn schafft ein Kunstwerk von Film und die Akteure, allen voran ein kühler und abgeklärter Ryan Gosling, tun ihr übriges dazu. Die Story bildet einen schönen, wenn auch leicht konstruierten, Kreis, bei dem alles ineinandergreift. Diese leichte Konstruktion sei mit Blick auf das Gesamtwerk aber verziehen.


Meinung:
Der Film baut mit seiner Optik und seiner Stimmung eine ganz besondere Atmosphäre auf. Trotz des größtenteils ruhigen Ablaufes baut sich nach und nach eine immer bedrohlichere Hintergrundstimmung und eine tolle Spannung auf. Viele klassische Elemente wurden übernommen und teilweise aufpoliert, mit Schauspielern und Story ergibt sich ein wunderbares Gesamtwerk.
Drive ist ein großartig inszenierter Neo-Noir Thriller mit starkem Cast.

6. November 2013

The Road




Jahr: 2009

Genre: Drama

Regie: John Hillcoat

Schauspieler: Viggo Mortensen, Kodi Smit-McPhee, Charlize Theron, Guy Pearce







Plot:
Ein Mann läuft mit seinem Sohn durch die postapokalyptische Welt. Ein so gut wie alles verschlingendes Feuer hat diese vor mehreren Jahren verbrannt und fast nur noch Asche und ein kleines bisschen Leben übriggelassen. Von einer richtigen Menschheit ist nicht mehr wirklich was zu finden, der Großteil wurde aus Nahrungsgründen zu Kannibalen oder hat einfach aufgegeben. Die Küste, das ist die einzige Hoffnung des Mannes, einen wärmeren Platz zu finden, da sich nach der Katastrophe eine Kälte auf der Welt ausgebreitet hat. Auf seinem Weg hat er dank seinem Sohn etwas, um seinen Verstand noch bei sich zu behalten.

Über den Film:
Postapokalyptisch trifft bei diesem Film zu wie bei sonst kaum einem anderen. Das triste Land, das von der Welt übrig geblieben ist, sieht so gut wie überall gleich aus. Zerstört, verbrannt, einsam. Atmosphärisch bringt The Road das Gefühl dieser Nach-Welt vor allem durch diese Bilder und den dezent-monotonen Soundtrack treffend rüber. Das führt aber an der ein oder anderen Stelle zu Längen, was wiederum auf gewisse Weiße passt. Abwechslung zur andauernden Wanderei sind gleichfalls kleine Inseln des vorgegaukelten Glücks für Vater und Sohn. Oder unerwartete, grauenvolle Szenen, die sich ihnen plötzlich bieten. Gut dargestellt ist auch die Zerrissenheit des Mannes, der zum Einen gedanklich immer noch bei seiner Frau hängt, die allerdings vor einer Weile schon aufgegeben hat. Und somit an der Menschlichkeit selbst. Andererseits wandelt er sich angesichts der harten Realität des Misstrauen und der Nahrungsknappheit selbst zu dem, was er eigentlich verabscheut. Trotzdem versucht er immer weiter, den Lebensmut, vor allem den des Sohnes, aufrecht zu erhalten. Einzig das etwas aufgesetzte Ende stößt leicht säuerlich auf. Zwar hatte der Mann gegen Ende kaum mehr Anzeichen für Vertrauen gegeben, aber andererseits hätte das Bild, das sich dem Sohn geboten hat, sicherlich zumindest teilweise, den Mann ebenfalls überzeugt.

Meinung:
The Road bietet wenig Abwechslung und große Überraschungen. Die Ausgangslage schreibt in determiniert in gewisser Weiße die gesamte Handlung und auch ein wenig das etwas seltsam konstruierte Ende. Insgesamt ist es aber eine sehr atmosphärische und dystopische Erfahrung und ein interessantes Endzeitexperiment.

9. Oktober 2013

Neverlost





Jahr: 2010

Genre: Thriller

Regie: Chad Archibald

Schauspieler: Ry Barrett, Emily Alatalo, Jennifer Polansky








Plot:
Joshs Leben liegt so schief, wie es viel mehr nicht mehr geht. Nachdem er vor drei Jahren seine große Liebe Kate in einem Hausbrand verloren hat, findet er sich jetzt in einer neuen, mehr als lieblosen Beziehung mit Megan wieder. In dem gemeinsamen, schäbigen Apartment ist Streit an der Tagesordnung. Noch dazu ist er von andauernder Schlaflosigkeit geplagt, die ihm jegliche, andere Unternehmungen fast unmöglich machen. Schlaftabletten helfen ihm, gegen das Problem vorzugehen und in seinen Träumen kann er zu Kate zurückkehren. Da ihm diese Träume wenigstens kurze Momente des Glücks bescheren, begiebt er sich immer wieder in sie, bald nicht mehr wissend, was nun Wirklichkeit und was Illusion ist ...

Über den Film:
Und hier wären wir direkt auch bei der zentralen Frage, die sich der Zuschauer während des Filmes stellt: Traum oder Realität? Den mit der Zeit wird dies immer unklarer, die Grenzen verschwimmen. Neverlost stellt diesen Balanceakt sehr schön dar. Ist nun die lieblose Zukunft mit Megan wirklich und rennt Josh nur immer wieder seinen Hoffnungen und seiner Vergangenheit mit Kate hinterher oder befindet er sich seit dem Hausbrand selbst im Koma und seinem eigenen Alptraum, während Kate ihn pflegt und wartet, ihn wieder bei sich begrüßen zu können? Und sind beide Welten wirklich so krass in ihrer Güte von einander getrennt?
Technisch und auch schauspielerisch bleibt diese Low-Budget Produktion zwar hinter dem gewohnten Standard, aber trotzdem ist beides noch zweckdienlich genug, um die beklemmende Atmosphäre mit Megan zum Einen und die hoffnungsvolle Stimmung mit Kate zum Anderen ausreichend zu transportieren. Unterstützt wird dies natürlich auch durch entsprechende Farbgebungen, um die Dualität beider Welten sichtbar zu machen.

Meinung:
Neverlost ist in vielen Belangen eher unterdurchschnittlich, aber alles in allem doch gut genug Inszeniert, um faszinieren zu können. Die Frage, ob Josh nun in einer schönen Welt nur einen schlimmen Alptraum hat oder er immer wieder kurz aus der Hölle mit Megan fliehen kann, zieht sich durch den ganzen Film. Interessanter Indiefilm über Realitätsflucht und -findung.

3. Juni 2013

Die Frau die singt




Jahr: 2010

Genre: Drama, Tragödie

Regie: Denis Villeneuve

Schauspieler: Lubna Azabal, Rémy Girard









Plot:
Die Mutter der zweieiigen Zwillinge Jeanne und Simon, Nawal Marwan, ist gestorben. Der Notar Jean Lebel, bei dem sie jahrelang als Sekretärin gearbeitet hat, eröffnet den beiden das Testament. In diesem ist neben ein paar Vermögensaufteilungen festgehalten, dass Nawal ohne Sarg, nackt und mit dem Gesicht nach unten beerdigt werden möchte, damit sie nicht mehr auf diese schreckliche Welt blicken müsste. Außerdem liegen dem Nachlass zwei Briefe und jeweils ein Lieferauftrag für jeden Zwilling bei: Simon soll einen Brief ihrem leiblichen Vater überreichen, den sie nie kennengelernt hatten, den Anderen soll Jeanne ihrem für sie völlig unbekannten Bruder geben. Simon lehnt dies zunächst ab, da er seine Mutter, die ihre letzte Zeit auf Erden fast wie in Trance gelebt hatte, nicht mehr viel Verstand zutraut. So begibt sich Jeanne von ihrer Heimatstadt in Kanada aus in den Nahen Osten und erfährt immer mehr über das Leben ihrer Mutter während der vergangenen Kriege. Anfangs nur erahnend, was sie währenddessen durchgemacht hat, begibt sie sich auf die Spur ihrer bis dato unbekannten Familie und das Grauen des Krieges verwandelt sich nach und nach in ihre ganz persönliche Hölle …

Über den Film:
Die Frau die singt. Was sich hinter einem so harmlos klingenden Titel doch verbergen mag. Auf eine fast dokumentarische Art treibt der Film seinen Plot auf mehreren Zeitebenen sehr clever voran. Einerseits ist da die Geschichte der Zwillinge, die auf den Spuren ihrer Vergangenheit durch den Nahen Osten reisen und andererseits die viel wichtigere Geschichte ihrer Mutter. Wie sie von der eigenen Familie verstoßen und aus ihrem aufgebauten, studentischen Leben vertrieben wurde. Wie sie auf der Suche nach ihrem verlorenen Sohn Spielball und später selbst Akteur von Krieg, Hass und Greul wurde. Was sie erleben musste, lange Jahre noch danach. Und welch Schlag das Schicksal eigentlich noch für sie bereithält, dämmert dem Zuschauer langsam aber sicher, während Simon und Jeanne nach den richtigen Antworten suchen. Aus der eigentlichen Konklusion macht der Film kein wirklich großes Geheimnis, viel mehr liegt das Augenmerk auf dem Weg der Protagonisten hin zur Wahrheit. Die Geschichte wird nahe und sehr realistisch erzählt, was nicht zuletzt der großartigen Inszenierung und glaubwürdigen Schauspielern geschuldet ist.

Etwas konstruiert wirkt der Film zwar schon, es sei ihm aber erlaubt, denn das macht er durch die schon genannten Punkte aber mehr als wett. Ohne großes Tamtam entfaltet sich eine glaubwürdige und nachvollziehbare Familienchronik, eingerahmt von Krieg und Religion, die eiskalt unter die Haut geht!

Meinung:

Was als verwirrendes Kriegsdrama zwischen Familienehre, Religionswahn und Rache beginnt entpuppt sich immer mehr als verschachtelte Tragödie für jeden einzelnen Protagonisten. Clever erzählt werden die Figuren immer mehr in den Strudel der Vergangenheit gezogen, von ihm ausgekotzt und danach noch mit der Keule umgeschlagen. Wirklich gut lässt sich der Film nicht beschreiben, eine Familie im Krieg auf den Spuren einer fast unaussprechlich grausamen Vergangenheit.

11. April 2013

Cashback





Jahr: 2006

Genre: Drama, Romanze

Regie: Sean Ellis

Schauspieler: Sean Biggerstaff, Emilia Fox









Plot:
Der sensible Kunststudent und Maler Ben und seine Freundin Suzy machen Schluss. Das nimmt Ben so mit, dass ihn seine Gedanken einfach nicht mehr einschlafen lassen. Wie in Trance sitzt er nachts auf dem Bett und guckt Filme oder fährt mit dem Bus durch die beleuchtete Stadt. Als ihm auffällt, dass er durch diese Begebenheit täglich acht Stunden mehr zur Verfügung hat, beschließt er, diese „zu verkaufen“. Er fängt in einer Filiale von Sainsbury’s, einer Supermarktkette, an zu arbeiten. Um mit der nächtlichen Arbeitszeit fertig zu werden stellt Ben sich vor, er könne die Zeit „einfrieren“ und das er währenddessen die Kundinnen des Supermarktes als Modelle für erotische Zeichnungen verwendet. Ben war schon seit seiner Kindheit von der Schönheit nackter, Weiblicher Körper fasziniert, vor allem, weil er einen besonderen, künstlerischen Blick dafür hat. Sharon, seine Kollegin, rückt derweil immer mehr in sein Blickfeld, während Suzy immer mehr zu verschwinden scheint.

Über den Film:
Das besondere an Cashback ist die malerische Bildsprache, die es immer wieder schafft die Gefühle des Protagonisten optisch darzustellen. Nach einem ernüchternden Gespräch mit Suzy fällt Ben beispielsweise, ohne sich wirklich zu bewegen, direkt nach hinten und in sein Bett. Die Szene zeigt auf eindrucksvolle Weise das Gefühl der inneren Leere nach einer großen Enttäuschung. Generell ist der Film eher langsam und gemächlich, plätschert mehr vor sich hin, wirkt stellenweise sogar recht steril. Das wird unterstützt durch die nächtlichen Supermarktgänge und dem lebensraubenden Neonlicht, das diese bescheint. Ein Sinnbild für Bens Gefühle.
Rückblenden in seine Kindheit erläutern Bens Einstellungen zu gewissen Dingen, zum Beispiel warum er das „einfrieren“ erfunden hat. Als Künstler möchte er eben schöne Momente so lange wie möglich festhalten und sich einprägen. Erotik und Bens Faszination und Darstellung des weiblichen Körpers spielt immer wieder eine Rolle, wirkt aber nie billig oder gar obszön.
Der Film stellt schön, wenn auch langsam, den Wandel hin von der Lethargie nach einer schmerzhaften Trennung hin zur Hoffnung und Freude einer neuen Liebe, dar. Wirkte alles, wie schon beschrieben, anfangs eher monoton und steril, entwickelt sich im Laufe des Films eine lockere Lebendigkeit. Dies kann man auch an der Darstellung von Sharon beobachten, oder eher daran, wie Ben sie sieht. Sitzt sie anfangs nur gelangweilt und von ihrem Chef frustriert an der Kasse wird sie immer mehr zu Bens Muse, was sich auch optisch an ihr wiederspiegelt.
Technisch ist Cashback sicher nicht überragend, aber mit den Mitteln und Bildern, die der Film zur Darstellung nutzt, entspannt sich ein Netz wunderbarer optischer Gefühlsdarstellungen.

Meinung:
Cashback ist ein recht langsamer Film. Die kleine Geschichte plätschert, immer wieder unterbrochen von Rückblenden und „eingefrorener“ Zeit, mehr so vor sich hin. Das passt aber recht gut zum eigentlichen Thema und so wirkt der Film nie gekünstelt oder drängt sich auf. Auch die viele, vorzüglich weibliche, nackte Haut wirkt an keiner Stelle billig sondern fügt sich schön und faszinierend zugleich in das Gesamte Bild des Filmes ein. Gemächlicher Film über Liebe und alle Gefühle, die damit einhergehen.

21. März 2013

The Cabin in the Woods




Jahr: 2011

Genre: Horrorkomödie

Regie: Drew Goddard

Schauspieler: Chris Hemsworth, Kristen Connolly









Plot:
Fünf Freunde, die strebsame Dana, der Sportler Curt, seine blonde Freundin Jules, der Kiffer und Verschwörungstheoretiker Marty und der ruhige und intelligente Holden machen sich auf für ein Wochenende Abgeschiedenheit und Spaß in Curts Cousins Hütte im Wald. Ohne Handyempfang und anderen Kontaktmöglichkeiten zu anderen Menschen …

Über den Film:
„Oh nein, nicht schon wieder sowas …“ Mag jetzt der ein oder andere beim Lesen des kurz angerissenen Plots denken. Doch, genau sowas. Und sehr viel mehr! The Cabin in the Woods fängt eigentlich dort erst an, wo andere Horrorfilme, die sich neben Klappentext auf der DVD auch noch sonst so ziemlich alles teilen, aufhören.
Der klischeehafte Horroreinheitsbrei wird in diesem Film ganz bewusst an vorderster Front aufgeführt, mit einer Erklärung versehen und damit super parodiert. Warum ist die sexy Blonde, die es als erstes erwischt eigentlich immer blond? Wieso trennen sich die Protagonisten, obwohl es doch offensichtlich die dümmste Idee ist? Und was ist mit der „Jungfrau“? Ich merke schon selbst, ich schreibe etwas um den heißen Brei herum, aber eigentlich nur, weil ich gar nicht so viel verraten möchte. Die Meta-Ebene, um die The Cabin in the Woods im Vergleich zu Standard Horrorkost erweitert wurde, ist einfach viel zu grandios und lustig um einfach nur beschrieben zu werden. Ein  – relativ – unverbrauchten Cast und gute Technik tragen ihr Übriges bei.
Die Absurdität und Einheitlichkeit des Genres wird in eine Erklärung eingebettet, die die Sache an sich in noch Absurdere Ebenen katapultiert.

Meinung:
Was, mit Absicht, mehr oder weniger bekannt anfängt entwickelt sich schnell, wenn auch nicht unbedingt ganz offensichtlich in etwas viel Größeres. The Cabin in the Woods spielt mit Klischees und treibt diese auf herrliche Art auf die Spitze. Wie schon geschrieben, viel weiter möchte ich hier gar nicht ins Detail gehen, dafür lohnt sich der unvoreingenommene voreingenommene Blick nach lesen des Kurzinhaltes viel zu sehr. Die Legitimation des Einheitsbreis und die Parodie desselben in Einem!

26. Februar 2013

Adams Äpfel




Jahr: 2005

Genre: Drama, Komödie

Regie: Anders Thomas Jensen

Schauspieler: Ulrich Thomsen, Mads Mikkelsen









Plot:
Der Neonazi Adam wird aus dem Gefängnis entlassen und zur Bewährung in die Obhut von Ivan, dem Pfarrer einer ziemlich ländlichen Gemeinde, unterstellt. Dieser empfängt ihn völlig unvoreingenommen und freundlich und bleibt auch dabei, im Gegensatz zu Adams aggressiv-zynischer und ablehnender Art. Da jeder seine Aufgabe hat, wie Ivan sagt, fragt er Adam, welche den seiner Meinung nach seine hier sei. Um ihn aufzuziehen antwortet dieser, er wolle einen Apfelkuchen backen. Nicht davon irritiert unterstellt Ivan ihm damit die Obhut über den Apfelbaum, den er pflegen solle und, wenn die Äpfel reif sind, seinen Kuchen backen.
Gunnar, ein alkoholsüchtiger Kleptomane und ehemaliger Tennisspieler und Khalid, ein arabischer Tankstellenräuber, sind ebenfalls in Ivans Kirche untergebracht und seiner Meinung nach auf dem besten Weg der Besserung. Doch schon schnell merkt Adam, der in seinem Zimmer direkt das Kreuz Chrisi durch ein Bild von Hitler ausgetaucht hat, dass die angeblich erfolgreichen Resozialisierungsmaßnahmen Ivans wohl doch nicht so fruchten, wie er selbst zu glauben scheint. Gunnar trinkt einen Schnaps nach dem anderen und Khalid plant schon wieder den nächsten Überfall. Als dann auch noch Ivans Sohn zu besucht kommt, seiner Meinung nach ein wilder Springinsfeld und Kerngesund, in Wirklichkeit aber, weil gelähmt, an den Rollstuhl gefesselt ist, wird ihm klar, dass hier was ganz und gar nicht Stimmen kann.
Vom Dorfarzt erfährt Adam den Grund für Ivans scheinbar zwanghaftes Gutmenschentum: Dieser wurde als Kind mehrfach vergewaltigt, seine Frau beging Suizid, weil ihr Kind behindert ist und er selbst hat einen Hirntumor, welcher ihn bei negativen Gedanken umzubringen scheint. Zwanghaft diese Schicksalsschläge leugnend geht Ivan seitdem durch die Welt.
Adam sieht dies nun aus Herausforderung, Ivan zu brechen und beginnt einen verhängnisvollen Machtkampf …

Über den Film:
Gegensätzlicher könnten die beiden Hauptcharaktere nicht konzipiert sein. Das klassische Gut gegen Böse Prinzip, und zwar sehr zugespitzt, wird in Adams Äpfel behandelt. Ein ehemaliger, strafgefangener Neonazi und ein zwanghaft gutmenschlicher Pfarrer. Beides sehr passende, wenn auch sehr konstruierte, Symbole. Einer hält bei Ohrfeigen auch die andere Backe hin, der andere fühlt sich dadurch provoziert und schlägt direkt wieder zu. Ein Verhaltensweisen diktierter Teufelskreis. Passend gewählt sind Thomsen als aggressives Arschloch und Mikkelsen als Zwangsheiliger. Die groteske Atmosphäre wird durchzogen von metaphorischen Bildern des Apfelbaumes, dessen Zustand immer der Stimmung des Films und dem Zustand von Ivans Gesicht wiederspiegelt.

Meinung:
Herrlich komisch, ziemlich grotesk und philosophisch angehaucht sieht man in Adams Äpfel eine konstruierte Version des Klassischen Gut / Böse Prinzips. Im dauernden Hin und Her zwischen Heile Welt Sicht und mutwilliger Zerstörung zieht sich eine abgedrehte Filmspirale bis zum dramatischen Ende und darüber hinaus. Spaßige Parabel über das klassischste aller Themen.

9. Februar 2013

Old Men in new Cars




Jahr: 2002

Genre: Schwarze Komödie

Regie: Lasse Spang Olsen

Schauspieler: Kim Bodina, Torkel Petersson, Iben Hjejle








Plot:
Harald kommt aus dem Gefängnis frei. Als Empfangskomitee warten nicht wie gedacht seine beiden Köche Martin und Peter auf ihn, sondern die örtliche Balkanmafia, angeführt von Ratko. Dieser macht ihm unmissverständlich klar, dass er noch einen Haufen Schulden abzuzahlen hätte und gibt ihm eine Woche, es aufzutreiben. Zuhause in seiner Küche, nach einer langen Busfahrt, angekommen, sieht er einen ihm unbekannten Mann an der Elektronik arbeiten: Vuk. Laut Martin und Peter ein Cousin von Ratko, der will, dass Vuk Arbeit hat. Er wirft ihn erst mal hochkant raus. Außerdem erfährt er, dass sein Ziehvater Monk wegen Leberversagens im örtlichen Krankenhaus und wohl gleichzeitig im Sterben liegt. Beim selbstverständlichen Anstandsbesuch erklärt dieser Harald, er wünsche sich eigentlich nur noch eine Sache: Einmal seinen erwachsenen Sohn zu sehen. Dieser sitzt allerdings in Schweden in einem Sicherheitsgefängnis. Natürlich macht sich Harald auf den Weg, Ludvig, Monks Sohn, zu holen, nichtsahnend, dass dieser eigentlich wegen fünffachen Frauenmordes sitzt. Gleichzeitig versucht er für Monk eine Ersatzleber samt Operationstermin in Ecuador zu organisieren, die Balkanmafia mit Versprechen, Vuk doch weiterhin zu beschäftigen, zu besänftigen und später noch mit der durchgeknallten Mille, die dann irgendwie ein Auge auf Ludvig geworfen zu haben scheint, klarzukommen.

Über den Film:
Old Men in new Cars – oder In China essen sie Hunde 2 – hört im Prinzip da auf, wo Teil 1 aufgehört hat. Beziehungsweise umgekehrt, handelt es sich hierbei eigentlich um ein Prequel zu grade genanntem Film. Aber streng nach dem Prinzip: Mehr vom Gleichen. Abstruse Situationen, übertriebene Stunts, seltsame Pläne, die zum nach-hinten-Gehen verurteilt sind, schräge Charaktere, die eigentlich nie so selbst wirklich zu wissen scheinen, was sie gerade tuen und das alles mit dem typischen schwarzen Humor gewürzt. Allerdings heißt in diesem Fall „mehr vom Alten“ nicht direkt gleich gut. Zwar fühlt man sich, falls man zu Teil Eins ein Gefühl aufgebaut haben sollte, relativ direkt wieder zuhause, dennoch fehlt der große, schöne Rahmen, den In China essen sie Hunde noch umgeben hat. Alles wirkt noch anarchischer als im Vorgängerfilm, vieles läuft ziemlich gleich ab. Ob von den Running Gags, wie dem armen Vuk, der es dauernd abbekommt oder auch vom generellen Aufbau, dass ein fehlgeschlagener Plan direkt in eine neue, noch verrücktere Situation mündet, die erwahrungsgemäß genauso ausgehen wird.
Technisch gesehen hat sich nicht viel getan, alles wirkt zwar etwas versierter, auch Kim Bodina und seine Kollegen machen ihre Sache etwas besser als in Teil 1, aber größtenteils bleibt es doch auf ähnlichem Niveau. Aber immer dem Film an sich angemessen.

Meinung:
Wer mit In China essen sie Hunde spaß hatte, wird das auch mit Old Men in new Cars. Beim direkten Vergleich – wie er bei direkten Nachfolgern ja doch angebracht ist – bleibt er zwar etwas hinter ihm zurück, sehenswert für Fans des ersten Teils und Fans von abstruser Komik bleibt er dennoch. Die übertriebenen und immer unrealistischeren Szenen fügen sich dabei gut ins Gesamtbild ein und wer diese nicht hinterfragt wird auch seine Freude hierbei haben. Eine seltsam humoristische Mischung aus Tarantino und GTA.

30. Januar 2013

In China essen sie Hunde




Jahr: 1999

Genre: Schwarze Komödie

Regie: Lasse Spang Olsen

Schauspieler: Kim Bodina, Dejan Cukic









Plot:
Arvid ist Bankangestellter und ein richtiger Langweiler. Zumindest, wenn es nach seiner Freundin Hanne geht. Als eines Tages die Bank während seiner Schicht von einem Räuber überfallen wird, überkommt ihn plötzlicher Heldenmut. Er zieht ihm einen Squash-Schläger über den Kopf und schlägt ihn damit K.O. Doch, auch als Held des Tages, verlässt ihn kurz darauf seine Freundin und räumt ihm kurzerhand auch noch die Bude aus. Als dann noch die Frau des Bankräubers bei ihm klingelt und ihm vorwirft, nun könne sie keine Kinder kriegen, weil eine künstliche Befruchtung, die sie nötig hätte, wäre viel zu teuer und der Bankraub ihres Mannes war nur zu dem Zweck, dafür Geld zu beschaffen, zweifelt Arvid komplett an sich. Er will versuchen, seine Fehler wieder gut zu machen – aber wie? Erst mal Geld beschaffen. Und das mit Hilfe des einzigen Kriminellen, den er kennt: Seinem Bruder Harald. Mit dessen angestellten Köchen und dem Praktikanten Vuk, „ausgeliehen“ von dessen Cousin und Gangstergröße Ratko, dem Familie wichtiger ist, als sein eigenes Augenlicht, fangen sie nun an, eigene Krumme Dinger zu drehen, bei denen es vor allem Vuk abbekommt.
Und wer ist eigentlich dieser Amerikaner, der in der Bar neben Arvids ehemaligem Arbeitsplatz auf ihn wartet?

Über den Film:
In China essen sie Hunde ist – wie der Name schon vermuten lässt – abgedreht. Es wird der Versuch eines Mannes dargestellt, Gutes zu tun. Und das mit allen Mitteln. Das dabei einiges in die Hose geht ist eigentlich von vornherein klar, aber das macht eine gute Komödie ja auch irgendwie aus. Sehr skurril und zynisch stellt der Film die Bemühungen Arvids, durch die Unterstützung Haralds, dar. Er bietet gegen Ende sogar eine kleine, philosophische Abhandlung über das Gute im Allgemeinen dar und macht diese auf seine eigene, herrliche Art direkt wieder zunichte.
Die Charaktere an sich bleiben alle etwas grau und treten im Gegensatz zur eigentlichen Handlung etwas in den Hintergrund. Der Film ist technisch okay, aber nicht meisterhaft inszeniert.
Lasse Spang Olsen zündet ein – in seinem eigenen Rahmen – Actionfeuerwerk ab, während sich eine Spirale der Gewalt immer weiter dreht, die sich mit Arvids Ambitionen, das Gute bzw. das Richtige zu tun, immer mehr zuspitzt. Das alles ist so grotesk, wie man es von einer schwarzen Komödie zu erwarten hat. Nicht zuletzt beherbergt der Film auch eines meiner persönlichen Lieblingszitate:

„Ich hab‘ Hanne getötet …“ […] „Und wo ist sie jetzt?“ – „Zu Hause … im Flur. … 
… und in der Küche!“

Meinung:
Was ist eigentlich Gut. Was schlecht? Gibt es das Richtige handeln? Diese Fragen wirft der Film auf seine eigene Weise auf, beantwortet sie und zieht die Antwort dann gleich wieder ins Lächerliche. Vielleicht ist genau das eine passende Möglichkeit, sich damit auseinanderzusetzten. Die allgemeine Antwort scheint es zumindest nicht zu geben. Bis wir allerdings zu diesem Punkt kommen haben wir eine herrlich abstruse Komödie gesehen, die Freunden des skurrilen Films sehr gefallen werden. Die eigentliche Aussage? „Woher sollen wir das wissen? Wir sind doch nur die Köche!“

11. Dezember 2012

Beautiful




Jahr: 2009

Genre: Drama, Thriller

Regie: Dean O‘Flaherty

Schauspieler: Tahyna Tozzi, Sebastian Gregory








Plot:
Sunshine Hills, ein kleiner Vorort mit einem wunderschönen Namen und einer nicht dazu passenden, neuzeitlichen Geschichte. Es geht das Gerücht um, dass 3 junge Frauen einem Missbrauch zum Opfer gefallen sind und später brutal zugerichtet wieder gefunden worden sind. Allerdings konnten diese Verbrechen nie wirklich aufgeklärt werden. In diesem Örtchen lebt Daniel mit seinem Vater und seiner Stiefmutter. Er ist ein zurückgezogener Junge der die Welt am liebsten durch seine Kamera betrachtet, besonders die etwas ältere Nachbarstochter, Susi. Diese interessiert sich für die Ereignisse in dem Ort und schafft es relativ leicht, Daniel für sich einzuspannen und für sie zu ermitteln. Anfangen soll er bei der Frau, die die Straße hinunter Tag für Tag einfach nur am Fenster steht und mit niemandem Reden will. Ist sie ein baldiges, weiteres Opfer?

Über den Film:
Nun, was soll man über den Film sagen. Was er als Film aussagen will schafft er weniger durch die gezeigten Szenen, also sich selbst, sondern mehr über seine Existenz als Produkt an sich. Das Cover verlockt mit seinem sexy Bikinishot der Hauptdarstellerin sicher einige zum Kauf, welche nach dem Genuss des Materials wohl sicher recht enttäuscht sein dürften. Der Film versucht zwanghaft Tiefe aufzubauen, zum Beispiel über lange Schnittszenen, welche wohl metaphorisch angehaucht sein sollen, und viele Szenen, die für den eigentlichen Hauptplot ziemlich irrelevant sind. Wie geschrieben, versucht. Wäre die eigentliche Handlung über das idyllische Vorstadtleben, in dem hinter jeder Haustür ein ganz eigener, grauenhafter Abgrund zu finden ist, nicht so dünn und stellenweise unlogisch, würde das aber vielleicht gar nicht so auffallen. Und denkt sich der geneigte Zuschauer gegen Ende sein Teil dabei, vielleicht sogar etwas wohlwollender, ein nettes: „Ok, war nix, aber wenigstens rum“ haut der Film einem nochmal mit einer so spitz und übertriebenen, unvorhersehbaren Wendung was um die Ohren, da wäre jede Seifenoper neidisch.
Technisch gesehen geht der Film soweit in Ordnung, bis auf die wirklich grottige – und ich seh‘ gern mal über dein ein oder anderen Mängel hierbei hinweg – deutsche Synchronisation.

Meinung:
Beautiful bringt durch seine pure Existenz seine Aussage mehr an sein Publikum als durch sein Inhalt. Das will auf gewisse Weise schon was heißen, aber als Zuschauer ist man hinterher doch sichtlich enttäuscht, fehlt es dem Film doch an der Tiefe, die er sich so zwanghaft selbst einreden will. Zurück bleibt eine seltsame Mischung American Beatuy und Desperate Housewives.

6. Oktober 2012

Klass




Jahr: 2007

Genre: Drama

Regie: Ilmar Raag

Schauspieler: Vallo Kirs, Pärt Uusberg, Lauri Pedaja








Plot:
Joosep ist ein ruhiger, zurückgezogener Junge mit leicht autistischen Zügen. Das macht ihn wohl zum idealen Opfer täglicher Klassenstreiche und –höhne. Im Sportunterricht, beim Basketballspielen bekommt er nicht den Ball zugespielt und wenn er ihn mal hat, sofort wieder abgenommen. Als er den letzten Wurf im Spiel selbst verwirft wird ihm von Anders, einem Klassenkameraden, vorgeworfen, er sei an ihrer Niederlage schuld. In der Umkleide steigern sich die anderen Jungs mit hinein, was darin gipfelt, dass Joosep nackt in die benachbarte Mädchenumkleide geworfen wird. Kaspar, ein weitere Mitschüler, hält die Tür von außen zu. Thea, seine Freundin, versucht sie von innen zu öffnen, was er nach kurzer Zeit dann auch zulässt. Doch Anders sieht dieses Verhalten als Hilfe für Joosep an und ist sauer auf Kaspar. Auf der abendlichen Party kommt es zur handgreiflichen Auseinandersetzung der beiden und am nächsten Morgen ist Kaspars Stuhl mit Farbe beschmiert. Der einzige, weitere freie Stuhl: Neben Joosep. Die Spirale rund um Mobbing, Lügen und Gewalt nimmt ihren unverheißungsvollen Lauf …

Über den Film:
Der Plot beginnt relativ einfach und wie für Filme um Mobbing in Schulen gewohnt. Ein Opfer, der von einem Leitwolf der Klasse niedergemacht wird und alle anderen folgen ihm. Sei es aus ähnlichen Gründen oder aus Angst, selbst Opfer zu werden, wenn sie zögern. Doch der eigentlich interessante Aspekt des Filmes ist die zweite Sicht der Dinge, die von Kaspar. Ihm wird immer mehr klar, was genau da passiert und wie hilflos er der Sache eigentlich gegenübersteht. Der eigentliche Grund dafür bleibt an sich unklar, ob er jetzt Joosep aus der Umkleide helfen wollte oder er die Situation seiner Freundin Thea nicht mehr weiter zumuten wollte ist an sich egal, er zeigt Schwäche. Und wird damit ebenfalls Ziel von Attacken, bei denen er bis jetzt selbst nur zugesehen hatte.
Die Erwachsenen in dem Film, Eltern und auch Lehrer, sehen bei der Sache von außen zu. Zum einen hilflos zum anderen ohne überhaupt zu erkennen, was da eigentlich vor sich geht. Ebenso hilflos fühlt sich der Zuschauer, es wird keine – oder kaum eine – Möglichkeit gezeigt, wie sich Joosep und später auch Kaspar aus ihrer Situation befreien können. „Schlag zurück!“ meint Jooseps Vater – wie denn, allein gegen 5. „Wir müssen mit der Schule reden!“ schlägt Jooseps Mutter vor – aber der Zusammenhalt der Täter lässt auch dieses Vorhaben gegen die Wand laufen und macht die Situation danach nur noch schlimmer. Ebenfalls jeder Versuch der Lehrer, etwas dagegen zu unternehmen oder überhaupt die eigentlichen Verursacher ausfindig zu machen. Sehr gut dargestellt ist auch die Auswirkung auf die Beziehung von Thea zu Kaspar. Der Druck der restlichen Klasse treibt Thea immer weiter von ihrem Freund weg, sie will nicht selbst zum Opfer werden.
Nach drastischen Prügel für Joosep und Kaspar, psychischem Druck und sogar sexueller Demütigung der beiden gipfelt der Film in einem Massaker, als vom Vater immer wieder geforderte Rückschlag doch mal kommt – und es trifft mindestens genausoviel Leute, die mit der Sache überhaupt nichts zu tun haben. Eine Frage bleibt: War das wirklich der einzige Ausweg oder kann der Kreislauf auf andere Weise durchbrochen werden? Offenes Vorgehen? Durchhalten nach dem Motto:

„Ich sterbe nicht. Euch zum Trotze.“

Meinung:
Klass zeigt den erbarmungslosen Sog um Mobbing Schritt für Schritt auf und lässt seine Opfer, genauso wie den Zuschauer, hilflos zurück. Das Verhalten von Tätern, die sich hinter ihrem Leitwolf Anders verstecken und mitmachen – sei es nun aus eigenem Vergnügen oder aus Angst, selbst der Nächste zu sein – bleibt stets nachvollziehbar. Auch die Reaktionen von Joosep und Kaspar sind zu verstehen. Es gibt Situationen, in denen offensichtlich anders gehandelt werden könnte, aber da bleibt die Frage: Hilft das oder macht es das nur noch schlimmer? Letzteres ist oft zu sehen, Versuche Kaspars zu Helfen gehen nach hinten los, Joosep bekommt es nur noch heftiger ab und Kaspar selbst ebenso.

Klass ist eine großartige Studie zum Thema Schulgewalt und Mobbing, das Aufzeigen der Hilflosigkeit gegenüber einem zusammenhaltenden Tätervolk - ein fürchterliches Drama des Alltages.

31. Juli 2012

Lost Highway




Jahr: 1997

Genre: Thriller, Horror

Regie: David Lynch

Schauspieler: Bill Pullman, Patricia Arquette, Balthazar Getty







Plot:
Dick Laurent ist tot.“ – Diese Worte bringen Fred Madisons leben komplett durcheinander. Er lebt mit seiner Frau Renée in einem Haus in Los Angeles. Ihr Verhältnis scheint nicht das Beste zu sein, so will sie ihn nicht zu einem seiner Auftritte begleiten und ihm auch nicht wirklich sagen, warum. Außerdem ist ihr Sexualleben nicht wirklich befriedigend und Fred ist weiterhin von Eifersucht geplagt. Eines Morgens finden sie ein Videoband vor der Tür, welches ihr Haus von außen zeigt. Sie sind zwar verwirrt, aber lassen das Band links liegen. Auf dem Zweite Band, dass sie finden, ist zusätzlich noch ihr Wohnzimmer und das Schlafzimmer zu sehen, in dem die beiden gerade schlafen. Alarmiert davon rufen sie die Polizei, welche zwar keine Spuren finden kann, aber verspricht, das Haus zu beobachten.
Eines Abends besuchen beide die Party eines Freundes von Renée, welche mit diesem ausgiebig tanzt und ihren Mann zum Getränkeholen schickt. Dort wird er von einem Mysteriösen Mann angesprochen, welcher behauptet, dass sich beide schon einmal getroffen haben und er sich gerade bei Fred zuhause befinden würde. Zum Beweis lässt er Fred bei sich anrufen.
Fred findet ein drittes Videoband, auf dem er in seinem Schlafzimmer zu sehen ist, zwischen den Leichenresten von Renée knien und schreien. Unter akutem Tatverdacht wird er zum Tode durch den elektrischen Stuhl verurteilt und in die Todeszelle gesteckt. Nach andauernden Kopfschmerzen Freds findet der Wärter am Morgen allerdings Pete Dayton in derselben Zelle vor, der sich an nichts erinnern kann und freigelassen wird.

Über den Film:
Lost Highway ist ein, für Lynch typisch, verwirrender Film mit Thriller und leichten Horrorelementen. Ebenso typisch lässt sich einiges in Story, Bild und Charaktere hineininterpretieren. Wer macht die Aufnahmen? Der Mysteriöse Mann, der in gewisser Weise an eine Art Mephisto in bester Faustmanier erinnert? Zumindest lässt das das Ende des Films stark vermuten. Was zur nächsten Frage führt: Wer ist er? Ein geheimer Drahtzieher hinter den Ereignissen? Ein von Fred gerufener Hilfsleister, der mit ihm seine Ziele erreichen will? Das bleibt relativ offen, wobei er ihn am Anfang des Filmes nicht zu kennen scheint, umgekehrt schon und gegen Ende des Films, welches storytechnisch weiter am Anfang scheint, sich beide kennen oder gerade kennengelernt haben. Und vor allem: Was hat es mit den Verwandlungen auf sich? Oft wird interpretiert, dass es sich bei der Story um eine Möbius-Kurve Handelt, der Film sich also in der Mitte umkehrt und in gewisser Weise gegenteilig abläuft. Das Gegenteilige ist vor allem beim Protagonisten zu erkennen. Wo Fred zwar recht erfolgreich, aber älter und abgebrannt wirkt ist Pete ein einfacher Handwerker, aber jung und attraktiv. Auch sexuell sind die Unterschiede zu erkennen. Viele Elemente kommen in beiden Storysträngen vor, auch in sich umgekehrt. Freds Renée, mit glattem, braunen Haar, eher distanziert, aber gleichzeitig auch liebevoll und dagegen Petes Alice, mit hellblondem, leicht lockigen Haaren, sucht die Nähe, aber bleibt meistens trotzdem eher kalt, wobei beide Frauen von derselben Schauspielerin gespielt wird. Es gibt noch zahlreiche weitere Hinweise wie diese.
Wobei ich die Interpretation als Möbiuskurve nur zum Teil unterschreiben würde, da dies bedeuten würde, dass die Geschehnisse von Fred und Pete gleichermaßen in dieselbe Richtung, aber umgedreht ablaufen müssten. Allerdings ist es meiner Meinung nach viel eher so, dass die Storylines gegenläufig sind, also das, was bei Fred anfangs passiert, passiert bei Pete gegen Ende. Zu sehen ist das zum Beispiel bei der zweiten Verwandlung, diesmal von Pete zu Fred. Pete befindet sich kurz vorher in einem Korridor eines Hauses, bei dem die Zimmertüren nummeriert sind und betritt das Zimmer mit der Nummer 26, wo eine Frau, die wie Alice bzw. Renée aussieht, mit einem Mann schläft. Kurz nach der Verwandlung ist Fred in einem Motel, in einem ähnlichen Gang. Er betritt den Raum 25, der sich auf der anderen Seite befindet, während in Raum 26 diesmal wirklich Renée mit Dick Laurent zu Gange ist.

Meinung:
Verwirrend, von der Atmosphäre recht abwechslungsreich und experimentell. Lost Highway ist, wie schon geschrieben, ein typischer Lynchfilm. Er bietet sehr viel Spielraum für Interpretationen und auch hier wird es keine wirklich richtige geben. Lynch hat bei diesem Werk in jeder Hinsicht wieder gute bis sehr gute Arbeit geleistet. Ob es sich hierbei um ein Thriller handelt, bei dem der Protagonist einen Pakt mit dem Teufel schließt, um sich an seiner Frau und ihrem Liebhaber zu rächen, oder einen Horrorfilm, in welchem der Ehefrauenmörder eine Art private Hölle durchleben muss, oder … Da sollte sich jeder sein eigenes Bild machen! Verwirrender Thriller nach typischer, grandioser Lynchmanier.

8. Juli 2012

Bellflower




Jahr: 2011

Genre: Drama, Romanze

Regie: Evan Glodell

Schauspieler: Evan Glodell, Jessie Wiseman, Tyler Dawson








Plot:
Woodrow und Aiden sind zwei Mad Max Freaks, die auf Endzeitszenarien, dazu passende fahrende Untersätze und Flammenwerfer stehen. Die beiden Jungs aus Wisconsin sind deswegen extra in einen Vorort von Los Angeles gezogen, um sich ganz der Bastelei entsprechender Utensilien zu widmen. Sonst kein Ziel vor Augen besaufen sie sich regelmäßig, auch in diversen Pubs. Dort lernen sie bei einem Grillenwettessen Milly und Courtney kennen. Spontan fahren Woodrow und Milly während ihres ersten Dates nach Texas und genießen nach ihrer Rückkehr das unbeschwerte, jugendliche Leben. Doch das kann eigentlich nicht mehr lange gut gehen …

Über den Film:
Bellflower fängt gemächlich, fast langsam an. In der ersten Hälfte ist es ein Liebesfilm, der alles beleuchtet: Das Kennenlernen, das Näherkommen, das erste Mal … und gleichzeitig zeigt er, fast nebenbei, wie viel weniger Zeit sich Woodrow für seinen besten Freund Aiden nehmen kann. Es sind gewisse Vor- und Nachteile und eben die Dinge, die sich wie selbstverständlich entwickeln. Und fast wie selbstverständlich kann die eigentliche Idylle nicht auf Dauer gut gehen, das ahnt der Zuschauer und auch Woodrow scheint das in seiner noch herrschenden, fast kindlichen Naivität zu ahnen.
Das eigentlich Schöne und tolle verquert sich quasi ins Gegenteil und lässt den Protagonisten mit der herrschenden Realität, seinen Gedanken und seiner Verwirrung alleine. Großartig unterstützt wird das durch die Erzählweise, die im zweiten Teil des Filmes vorherrscht, man kann sich nie sicher sein, was jetzt wirklich passiert oder was Woodrow sich vorstellt zu tun, aber nie in die Tat umsetzt. Das Ganze ist vielmehr ein Abschied von der Jugend und damit ein Erwachsenwerden, ein Aufgeben der eigenen Träume, wie die der Freunde, sich wie bei Mad Max in einer aufgemotzten Endzeitkarre durch die Gegend zu fahren und sich von auf der Straße selbstgeschossenen Vieh zu ernähren. Und wenn dann die große Apokalypse kommt, sind sie mit ihrer „Mother Medusa“ ja bestens vorbereitet.
Sehr erwähnenswert ist die Große Eigenleistung von Produzent, Regisseur, Storyschreiber und Hauptdarsteller Evan Glodell. Nicht nur fast allein hat er diesen Indiefilm geschaffen, er hat für ihn auch extra eigene Kameras gebaut, die ihm einen unverwechselbaren und verdammt großartigen Look schenken.

Meinung:
Was in gewisser Weise als Liebesfilm beginnt entwickelt sich mit der Zeit in einer Art in das, was sich Woodrow und Aiden eigentlich schon immer gewünscht haben. Es ist zwar nicht die gesamte Welt, die untergeht und somit ein großartiges Endzeitszenario abgibt, es ist vielmehr  das eigene, kleine Leben, welches in seiner Form so nicht mehr weitergehen kann. Getragen von dem eigenen Stil entfaltet sich ein actiongeladener Weltuntergang im Kopf des Protagonisten, auf die er wohl nicht so gut vorbereitet war, wie er immer meinte. Die Apokalypse der eigenen Gefühls- und Gedankenwelt.

6. Juli 2012

God Bless America




Jahr: 2011

Genre: Schwarze Komödie

Regie: Bobcat Goldthwait

Schauspieler: Joel Murray, Tara Lynne Barr









Plot:
Frank ist eigentlich ein armer Tropf. Seit elf Jahren in einem Bürojob gefangen und getrennt von seiner Frau und der gemeinsamen Tochter lebend muss er sich nachts noch das Geschrei der Nachbarn über Lindsay Lohans neusten Absturz oder den peinlichen Kandidaten bei American Superstars anhören, genauso wie das des Babies, das einfach keine Ruhe geben will. Wachgehalten davon und von seinen Kopfschmerzen bleibt ihm wohl nichts anderes übrig, als seine Zeit vor dem Fernseher totzuschlagen. Klingeltonwerbung, eine Doku über eine Frauen-WG, in der sich die Bewohnerinnen gegenseitig ins Essen machen und mit benutzen Tampons bewerfen, überzogene Lächerlichmachung des aktuellen Superstarskandidaten und verzogene Gören, die sich über den falschen Wagen zu ihrem Sechzehnten Geburtstag aufregen bestimmen das Medienbild. Seine Nachbarn erschießen, das wäre doch was, aber das kann ja nur Phantasie bleiben. Oder?
Tags darauf wird Frank aus fadenscheinigen Gründen entlassen, sein Arzt teilt ihm mit, dass seine Kopfschmerzen wohl von einem Hirntumor herrühren und seiner Tochter ist ihr GameBoy und ein iPhone offensichtlich wichtiger, als der wöchentliche Besuch bei ihm. Mit seiner alten Pistole im Mund und vor laufendem Fernseher fasst er einen Entschluss. Warum sich töten, wenn er auch Chloe, das verzogene Gör‘ erschießen könnte? Kurzerhand klaut er den Wagen des Nachbarn und fährt los.

Über den Film:
Schon im ersten Moment wird klar: God Bless America will mit der aktuellen Popkultur abrechnen. Überzogene Darstellungen der momentanen Fernsehformate in Amerika, die so oder ähnlich auch bei uns ausgestrahlt werden, zeigen, dass etwas falsch läuft. Ein Skandal jagt den nächsten, jeder Schlimmer und Unsozialer als der davor. Leicht philosophisch angehaucht kommentiert Frank das ganze erst, redet auch mit anderen darüber, stößt aber auf allgemeines Unverständnis. Dann tut er das, was viele selbstauserkorene Antimainstreamler wohl recht gutheißen würden. Und damit spielt der Film diesen natürlich direkt in die Arme. Leider wirkt die Aussage des Films, vor allem durch einige belehrende Monologe von Frank, vor allem seiner Abschlussrede, recht aufgesetzt. Ihr seid dumm, macht’s doch bitte besser! Selbstjustiz und eigene Definitionen von Gut und Böse bestimmen das Leitbild von Frank und Roxxy, seiner Zeitweiligen Gefährtin. Einiges, wie die Kino-Szene, wirkt auch relativ zusammengeworfen, um zu sagen: Schaut, reden während eines Filmes ist Scheiße! Generell ist der läuft auch alles zu glatt und einfach, was der Film damit zu erklären versucht, dass jeder Mord wohl von den jeweilig hochstilisierten Gegnern der Parteien verübt wurden.
Stilistisch macht God Bless America ziemlich viel richtig. Schöne Bilder und Kameraführung und – von den Phantasiesequenzen mal abgesehen – unaufdringliche Effekte, die dem Ganzen Glaubwürdigkeit verleihen. Schauspielerisch ist vor allem Joel Murray hervorzuheben, man nimmt ihn seine Verdrossenheit, seinen Hass, aber auch seine eigentliche Hilflosigkeit und die daraus resultierende Entschlossenheit während des ganzen Filmes ab.

Meinung:
Was bleibt ist eine Mischung als Falling Down und Bonnie & Clyde. Mit der Popkultur abrechnen, dass tut der Film schon, nimmt sich und seine eigene Aussage dabei allerdings viel zu ernst. Jeder, dem dieser Film gefallen könnte, ist das, was der Film und Frank am Ende sagt, wohl schon vorher klar gewesen und jeden anderen wird er damit nicht überzeugen. Trotzdem, ein Blick ist er wert, vor allem, wenn man sich darauf einlässt, sich gedanklich damit noch etwas auseinanderzusetzen und nicht alles einfach so hinnimmt. Weder, was das Fernsehen allgemein, noch was God Bless America einem vorgibt. Ein spaßiger Amoklauf gegen Fanatismus, Dummheit und den sogenannten „Mainstream“.

4. Juli 2012

IV - Zeit und Spektrum


Ruhe, Ruhe, Ruhe … und zwar ‘ne Weile. Naja, bald geht’s von meiner Seite aus weiter. Wenig Zeit in letzter Zeit gehabt (Prüfungsstress und so weiter), aber das interessiert denk ich mal niemanden.
Kino Kontrovers - Tyrannosaur
Viel wichtiger ist: Ich habe mich entscheiden, mein Filmspektrum etwas zu erweitern. Die Anfangs ausgesuchte Liste ist zwar soweit recht toll, aber trotzdem fehlt mir auf Dauer irgendwie Abwechslung und ich wollte mich dann doch nicht nur auf die Hand voll Filme darauf beschränken, vor allem, weil sich einige nicht auftreiben lassen, was das Angucken dann doch etwas erschwert.
So, es gibt natürlich noch weitere Serien von interessanten Filmen, an denen ich mich auch orientieren werde, Kino Kontrovers zum Beispiel oder Stör-Kanal. Einige Filme überschneiden sich mit meiner alten Liste und andere Filme, die ich für recht interessant hielt, sind dort drauf.
Ich hoffe nun, dass ich wieder regelmäßiger zum Gucken und Schreiben komme!

14. Mai 2012

Idioten




Jahr: 1998

Genre: Dogma 95, Drama, Komödie

Regie: Lars von Trier

Schauspieler: Jens Albinus, Nikolaj Lie Kaas








Plot:
Eine Wohngemeinschaft unterschiedlichster Menschen hat es sich zur Aufgabe gemacht, den jeweilige „Inneren Idioten“ zu entdecken und erforschen. Dazu gehen sie in der Gruppe an öffentliche Orte und „machen auf Gaga“, sprich sie spielen alle eine geistige Behinderung vor. So auch in einem Restaurant, wo sich Stoffer, als sie zum Gehen aufgefordert wurden, an Karen festhält und diese gutmütig mitgeht um im Auto kurz darauf hinter die Scharade zu kommen. Da sie offensichtlich familiäre Probleme hat, beschließt sich in der Kommune zu bleiben. So gehen sie einmal in ein Schwimmbad, ein anderes Mal besuchen sie eine Fabrik, während immer zwei der Gruppe die Aufsichtspersonen mimen. Doch Stoffer, der Initiator der ganzen Aktion, wird immer unzufriedener mit den Darstellungen.

Über den Film:
Idioten ist der zweite Film der nach den Regeln des Dogma 95 gedreht wurde. Deswegen werde ich ihn, wie zuvor Vinterbergs „Das Fest“ erst einmal im Rahmen dieser betrachten.
Die Schauplätze, wie in Regel 1 gefordert, sind entweder das Haus, in dem sich die Gemeinschaft aufhält, oder Diverse öffentliche Plätze wie ein Schwimmbad oder ein Restaurant. Regel 2 fordert keine später eingespielte Musik. Musik kommt vor, aber es ist nicht klar, woher diese kommt. Die Aufnahme erfolgt über Handkameras, wie man deutlich sieht, als einmal ein Kameramensch ins Bild tritt und schnell wieder zu verschwinden versucht. Dies passiert ebenfalls des Öfteren mit dem Mikrophon, das von oben ins Bild schaut. Das ist meiner Meinung, trotz des Korsetts des Dogma 95, eine recht schlampige Arbeit und zerstört die Illusion, die genau mit diesem Konzept geschaffen werden sollte. Effekte und unrealistische Gewalt fehlen (Regel 5 und 6) und auch der Zeitpunkt ist das „Hier und Jetzt“ (Regel 7). Von Trier hat sich somit wohl größtenteils an seine eigenen Regeln gehalten.
Die Story des Films selbst ist allerdings nicht relativ einfallsreich oder gar gut. Eine Kommune, die sich zusammengeschlossen hat, in guter Hippiemanier in einem (mehr oder minder) besetzen Haus, das nach ihren Regeln lebt und sich abschottet. So weit so unkreativ. Die Idee des „Inneren Idioten“ ist an sich recht nett, aber im Film selbst kommt mehr der Eindruck auf, als ob es den Protagonisten weniger um die Selbstfindung als mehr um eine Verballhornung der Umwelt. Dass die Meisten gegen Ende das Spiel mehr als eine Flucht vor der Realität sehen, was dem geistigen Chef natürlich nicht gefällt, versteht sich da fast von selbst.

Meinung:
Idioten ist ein erstaunlich belangloser Film von Lars von Trier. Das mag an Dogma 95 liegen, allerdings würde das dann den Zweck dieses Konzeptes komplett widerlegen. Was nützt mir ein Film, der nach großartigen Regeln gedreht wurde, um die ursprüngliche Kunst des Mediums zurückzuholen, wenn der Film selbst nicht wirkt? Die Umsetzung der Regeln selbst ist gut zu erkennen, aber der Plot und die schlampige Dreharbeit stören das Gesamtbild des Werkes leider erheblich. Auch, oder eher gerade, die expliziten, pornographischen Szenen machen das nicht besser. Von von Trier hätte ich deutlich mehr erwartet.

6. Mai 2012

Das Fest




Jahr: 1998

Genre: Dogma 95, Drama

Regie: Thomas Vinterberg

Schauspieler: Ulrich Thomsen, Thomas Bo Larsen, Paprika Steen







Plot:
Anlässlich des sechzigsten Geburtstags von Helge Klingenfeldt-Hansen, einem reichen Hotelier, trifft sich dessen Familie im eigenen Luxushotel zur Feier. Der älteste Sohn ist Christian, Besitzer zweier Restaurants in Prais, dessen Zwillingsschwester vor nicht allzu langer Zeit Selbstmord begangen hat. Die mittlere Tochter ist Helene, Studentin und vom Lebensstil und der Einstellung her ziemliches Gegenteil zum Rest der Familie. Michael, der jüngste Sohn und selbst Vater von drei Kindern, ist aufbrausend und sehr dominant.
Die Feier verläuft nach strickten Mustern und Traditionen. Sektempfang und Geburtstagsgesänge gefolgt von verschiedensten Gängen dekadentem Essens, immer wieder unterbrochen von Zigarettenpausen und Ansprachen der Gäste. Alles ist durchorganisiert und vom hauseigenen Personal professionell ausgeführt. Doch als Christian in seiner Ansprache Missbrauchsvorwürfe seinem Vater gegenüber einfließen lässt, beginnt das Szenario langsam zu kippen.

Über den Film:
Das Fest ist ein Film, der nach den Regeln der Dogma 95 gedreht wurde und dementsprechend besitzt er seinen eigenen Stil. Im Folgenden soll ein wenig auf einzelne Punkte dieser Regeln eingegangen werden:
Vinterbergs Film spielt in einem großen Herrenhaus / Hotel und man bemerkt, dass es sich bei den Räumen um keine Kulissen handelt (Regel 1), da die Räume des Öfteren aus verschiedenen Winkeln zu sehen sind. Der Filmstil ist gekennzeichnet von seiner amateurhaft wirkenden Art. Das Bild wackelt etwas und ist generell etwas Matt, da für die Dreharbeiten laut Regel 3 nur Handkameras eingesetzt werden dürfen. Das Gezeigte ist realistisch, es gibt keine zeitliche Verfremdung (Regel 7) und auf Effekte und Gewalt wurde verzichtet (Regel 6 und 5).
Soweit das zu beurteilen ist hält sich der erste Film, der nach Dogma 95 gedreht wurde, an seine sich selbst auferlegten Regeln und schafft somit einen eigenen Stil, der sich wie gewollt von der Verfremdung des durchgestylten Kinos abhebt. Das Hauptaugenmerk liegt auf der Geschichte und vor allem der Schauspielerei. Erstere ist an sich nichts Besonderes, wird durch die Art des Films aber teilweise bedingt und fügt sich gut ins Gesamtbild ein. Das Schauspiel der Darsteller, von denen viele Laien sind oder gar einfache Statisten, die selbst nicht in den Verlauf der Geschichte eingeweiht wurden, treibt den Film gut voran und verleiht ihm einen gewissen theatralischen Realismus.

Meinung:
Mein erster Dogma 95 Film ist auch der Erste, der je nach diesen Regeln gedreht wurde. Vinterberg hält sich, soweit ich das beurteilen kann, auch an Diese. Das Ergebnis ist ein interessanter Film, der, verglichen mit anderen Filmen in vielen Belangen natürlich nicht mithalten kann, was allerdings von den Machern beabsichtigt war. Effekte und Feuerwerk treten in den Hintergrund und das für Vinterberg, van Trier und Co. am Film eigentlich Wichtige rückt ins Licht: Schauspielerei und Story. Das klappt auf seine Weise ganz gut und vermittelt den Eindruck, eher ein Theaterstück zu sehen als einen Film.

25. April 2012

III - Dogma 95



Thomas Vinterberg
Oder auch der „Schwur der Keuschheit“. 1995 Stellten einige Regisseure um Thomas Vinterberg und Lars von Trier einige Regeln auf, die den Film zu ihrer ursprünglichen Kunst zurückführen sollten. Entstanden sind einige, die auch auf meiner Liste von Filmen stehen. Zum Vergleich und zum Überblick wäre es sinnvoll, diese hintereinander zu sehen und ebenfalls sinnvoll ist es sicherlich, sich vorher einen kleinen Überblick zu verschaffen, was genau man denn jetzt sieht und um was es sich bei Dogma 95 eigentlich wirklich handelt.

Nun, die Essenz sind zehn Regeln, die oft im Internet zitiert werden. Der Einfachheit halber bediene ich mich hier mal der deutschen Wikipedia, man möge es mir verzeihen:

1.       Als Drehorte kommen ausschließlich Originalschauplätze in Frage, Requisiten dürfen nicht herbeigeschafft werden.
2.       Musik kann im Film vorkommen (zum Beispiel als Spiel einer Band), darf aber nicht nachträglich eingespielt werden.
3.       Zur Aufnahme dürfen ausschließlich Handkameras verwendet werden.
4.       Die Aufnahme erfolgt in Farbe, künstliche Beleuchtung ist nicht akzeptabel.
5.       Spezialeffekte und Filter sind verboten.
6.       Der Film darf keine Waffengewalt oder Morde zeigen.
7.       Zeitliche oder lokale Verfremdung ist verboten – d. h. der Film spielt hier und jetzt (also nicht etwa im Mittelalter oder in einer entfernten Zukunft oder in einem anderen als dem Produktionsland, auf einem fremden Planeten, in einer fremden Dimension o. Ä.).
8.       Es darf sich um keinen Genrefilm handeln.
9.       Das Filmformat muss Academy 35 mm sein.
10.   Der Regisseur darf weder im Vor- noch im Abspann erwähnt werden.


Lars von Trier
Interessante Regeln, die allem anscheinen nach interessante Filme versprechen. Ich selbst habe mit Dogma 95 noch keinerlei Erfahrung, weswegen ich mich mit den nächsten Filmen ins kalte Wasser begeben werde. Allerdings noch zu erwähnen sei, dass sich die Regisseure mit der Zeit immer weiter vom eigens entworfenen Konzept entfernten und trotzdem Filme noch – mehr oder weniger – unter der Flagge der Keuschheit drehten … aber wohl nicht ganz so unbefleckt wie 1995 gepredigt.