20. Februar 2012

Antichrist




Jahr: 2009

Genre: Psychothriller

Regie: Lars von Trier

Schauspieler: Willem Dafoe, Charlotte Gainsbourg








Plot:
Während des ehelichen Beischlafens im Badezimmer klettert Nic, der kleine Sohn des nicht näher benannten Ehepaares, aus seinem Laufstall und über einen Stuhl auf den Fenstersims des offenen Fensters. Er fällt und stirbt. Bei der Beerdigung fällt die Frau in Ohnmacht, wird ins Krankenhaus eingeliefert, in dem sie mit Medikamenten gegen ihre Trauer und ihre Selbstvorwürfe behandelt wird. Der Mann, selbst Therapeut, ist mit dieser Methode nicht einverstanden, da sich selbst nach einem Monat keinerlei Zustandsbesserungen zeigen und beschließt, sie ab sofort selbst zu therapieren.
Nach den ersten, teils vergeblichen Versuchen beschäftigt er sich mehr damit, wovor die Frau Angst hat, was nach ihren Angaben der Wald, in dem sie sich früher wohl gefühlt hat, ist, genauer gesagt, Eden, eine kleine Hütte im Wald, in der sie früher schon gewesen waren. Damit sie sich ihrer Angst stellt, was, laut ihm, ihrem Prozess der Trauerbewältigung beiträgt, machen sie sich auf dorthin. Unterwegs bereitet er sie mithilfe von Gedankenexperimenten auf den Besuch in Eden vor und dort angekommen will der Mann mit der eigentlichen Therapie beginnen. Doch dort merkt er, dass nicht nur ihre Angst der Heilung im Wege steht. Nach und nach entfaltet sich eine Spirale von Sex und Gewalt zwischen den Beiden und selbst die ganze Natur scheint sich gegen sie zu richten, während er immer tiefer zum eigentlichen Grund der Probleme vordringt.

Über den Film:
Antichrist ist kein Film für zwischendurch und eigentlich auch kein Film, den man nur einmal sehen kann, um ihn zu begreifen. Allerdings bleibt er auch bei mehrmaligem sehen immer noch recht rätselhaft und man – oder zumindest mir – erschließt sich nicht alles, was dieser Film aussagt. Und dies tut er, ohne wirklich aufgesetzt oder überkonstruiert zu wirken oder einem den Eindruck zu vermitteln, allein überkompliziert zu sein, ohne dass wirklich etwas dahintersteckt.
Alles in allem geht es um Trauer und Angst und um die Bewältigung derer. Der Film ist in vier Kapitel, Pro- und Epilog aufgeteilt, wobei die Kapitel nach den (vereinfachten) Stufen der Trauerbewältigung benannt sind, hier Trauer, Schmerz, Verzweiflung und dem Höhepunkt, in dem alle drei Gefühle aufeinandertreffen. Die drei Bettler, die diese Stufen symbolisieren, kommen in Form von einem Reh, dass seine Fehlgeburt erlitten hat, einem Fuchs, der sich selbst aufisst und einem Raben, der von den Toten aufersteht, die der Mann im Film sieht. Dabei ist zu beobachten, wie die Frau die verschiedenen Phasen durchlebt, was durch eine gewaltige Bildsprache gezeigt und somit zusätzlich dem Zuschauer nahe gebracht wird. Insgesamt ist die Darstellung von Gefühlen sehr bildlich und es werden immer wieder im ersten Moment befremdliche und irreale Szenen eingespielt, die von Gefühlsbeschreibungen der Frau erklärt werden.
Was man jetzt allerdings genau sieht, bleibt immer Interpretationssache, beispielsweise, ob es sich tatsächlich um einen Mann handelt, der versucht, seine Frau zu therapieren und dran fast zugrunde geht oder um eine metaphorische Darstellung von Gefühl (die Frau) und Vernunft (der Mann), die versuchen, mit schmerzlichen Emotionen wie Trauer und Ängsten umzugehen. So erkennt die Vernunft, welche Phasen gerade durchlebt werden und kommt mit der Zeit darauf, was genau der Grund für die Verzweiflung ist, wird aber vom Gefühl daran gehindert, diese zu überwinden. Oder vielleicht darf man das Ganze auch nicht so schwarz-weiß betrachten und es ist beides und noch mehr zu sehen.
Unterstützt durch eine gewaltige Szenerie und mit Defoe und Gainsbourg, die beide eine grandiose Darstellung liefern, entfaltet sich ein ganz eigener Charme des Bizarren.

Meinung:
Ein Film über und mit Trauer, dem Umgang und der Überwindung derer. Die explizite Darstellung von Sex und Gewalt sind weniger eigentliches Element von Antichrist, sondern vielmehr Ausdruck des Konfliktes, der zwischen den Gegensätzen herrschen. Sie können nicht ohne, aber noch weniger miteinander. Es baut sich eine ganz eigene, grandiose Harmonie des Horrors auf, die mich als Zuschauer nicht mehr loslässt und anfangs verwirrt zurücklässt. Ein absolut sehenswerter Thriller aus der Hand des kontroversen Regisseur Lars von Trier, der nicht zum Interpretieren und Reflektieren einlädt, sondern geradezu dazu auffordert! - Die Ästhetik des Grotesken.

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